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sieht in dieser Begegnung eine Bestätigung der vorzüglichen Beziehungen,
welche zwischen dem großen Deutschen Reich und der Schweizerischen Eid-
genossenschaft bestehen.
Stets bereit, mit seiner ganzen Energie seine Unabhängigkeit und
Freiheit zu verteidigen, bringt das Schweigervolk das lebhafteste Interesse
den Bestrebungen und Kundgebungen entgegen, die bezwecken, den Nationen
die unschätzbare Wohlthat des Friedens zu bewahren, dessen mächtigen Ver-
teidiger und Beschützer die Bundesbehörden in Eurer Majestät begrüßen.
Ich trinke auf die Gesundheit und das Wohlergehen Seiner Majestät
des Deutschen Kaisers und Ihrer Majestät der Kaiserin."“
Der Kaiser antwortet hierauf:
„Herr Präsident!
Ihre freundliche Einladung an die Kaiserin und Mich, auf der Heim-
reise einige Stunden in der Schweiz zu verweilen, hat Uns Beiden zur
aufrichtigen Freude gereicht. Mit herzlichem Danke, zugleich im Namen
des gesamten deutschen Volkes, erwidere Ich Ihre liebenswürdige Begrüßung
und den traulichen Empfang der Schweizer.
Die herrliche Gegend, welche Sie Uns soeben gezeigt, ist Mir nicht
unbekannt: denn in jungen Jahren war es Mir vergönnt, schon einmal Mich
am Anblick Ihrer Berge und Seen zu erfreuen, welche jährlich Tausenden Meiner
Landsleute Erfrischung und Kräftigung bei gastlicher Aufnahme gewähren.
Mit Befriedigung konstatiere Ich, daß Unsere guten und freund-
nachbarlichen Beziehungen, die von Alters her bestehen, unverändert fort-
dauern, und Ich hoffe, daß der vertragsmäßig gesicherte Verkehr zwischen
der Schweiz und Deutschland sich weiterhin gedeihlich entwickeln und dazu
beitragen wird, die Freundschaft zwischen beiden Völkern zu erhalten und
zu festigen.
Ich trinke auf das Wohl der Schweiz, der Schweizer und des Herrn
Präsidenten der Eidgenossenschaft!“
4. Juni. Im Kanton Bern findet eine Volksabstimmung
statt über den Entwurf einer revidierten Verfassung, dessen Fest-
stellung auf Grund eines Kompromisses verschiedener Parteien zu
stande gekommen war. Die Annahme der neuen Verfassung er-
folgte mit 55,000 gegen 15 Stimmen. Die bisher gültige Kon-
stitution war die älteste aller in der Schweiz bestehenden Kantonal-
verfassungen. Sie stammte aus dem Jahre 1846.
19. Juni. (Bern.) Esxzesse zwischen italienischen und ein-
heimischen Arbeitern, es werden Truppen aufgeboten und viele
Verhaftungen vorgenommen. Zahlreiche Verwundete.
26. Juli. Die Bernische Regierung verbietet das Tragen
oder Aufpflanzen roter Fahnen an oöffentlichen Orten im ganzen
Kanton Bern unter Androhung von Gefängnisstrafen von 8 bis
40 Tagen oder Geldbuße von 100 bis 500 Francs und Konfiskation
der Fahnen.
6.—12. August. (Internationaler Arbeiter-Kongreß
in Zürich.) Eröffnung des Kongresses durch den Vorsitzenden des
Grütli-Vereins, Bürkli-Zürich, mit ungefähr folgenden Worten: