Türkei. (Juli Anf.—Okt. Ende.) Hulzsrien. (Febr. 12.— April 11.) 291
Anfang Juli. Die armenischen Professoren Thoumajan und
Kajajan werden vom Sultan begnadigt unter der Bedingung, daß
sie das türkische Gebiet sofort verlassen.
Mitte Juli. Gerücht, daß der Sultan von England einen
Termin für die Räumung Egyptens gefordert habe.
Ende Oktober. Gerücht von Verwickelungen mit den Fran-
zosen an der Grenze von Tripolis.
2. Bulgarien.
12. Februar. Verlobung des Fürsten Ferdinand mit der
Prinzessin Marie Louise von Parma in Florenz.
Der Sultan gratuliert dem Fürsten zur Verlobung und ge-
braucht dabei die Wendung, „daß er in der Verlobung des Fürsten
ein wertvolles Pfand der Konsolidierung Bulgariens erblicke“.
Ende Februar. Von der in Sofia erscheinenden halbamt-
lichen „Swoboda“ wird ein Telegramm aus Tirnowo mit den Unter-
schriften des Vizepräsidenten der Sobranje und mehrerer Deputierten
veröffentlicht, welches im Auftrage von etwa 2000 Bewohnern des
Distrikts abgesandt ist und meldet, die Bevölkerung wäre durch die
unpatriotische Haltung des Metropoliten, namentlich infolge seiner
am 26. Februar aus Anlaß des Geburtstages des Prinzen Ferdinand
gehaltenen aufrührerischen Rede äußerst erregt worden und hätte
beschlossen, durch eine Deputation von dem Metropoliten Aufklärung
und Garantien für seine künftige Haltung zu verlangen. Da der
Metropolit bei seiner bisherigen Haltung beharrte, sei er durch eine
Deputation zwangsweise in das Peter Pauls-Kloster geführt worden,
der Schlüssel zur Metropolkirche sei dem Präfekten übergeben worden.
Die Bevölkerung verlange um jeden Preis die Ersetzung des Metro-
politen durch eine andere Persönlichkeit.
Anfang März. Russische Stimmen über die bulgarische Ver-
fassungsrevision (s. vorigen Jahrgang und unten 28. Mai) vogl.
Rußland.
11. April. Der Ministerpräsident Stambulow wird vom
Kaiser von Osterreich in Wien empfangen.
Stambulow erklärt gegenüber einem Mitarbeiter der „Neuen Freien
Presse", er habe in Wien wertvolle Beweise empfangen, daß die österreichisch-
ungarische Politik dem Programm der Forderung nach der Unabhängigkeit
und dem Selbstbestimmungsrecht der Balkan-Bölker treu bleibe. Das gegen-
wärtige Regierungssystem in Bulgarien sei an keine Partei und keine Per-
on gebunden. Sein Nachfolger werde so regieren müssen wie er, nämlich
in dem Sinne, daß Bulgarien seine Verwaltung nach eigenem Ermessen
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