Serbien. (Juli 19.—Dezember 6.) 299
gegen die Stimmen der Fortschrittler, die sich vor der Abstimmung
entfernten, die Adresse an, in der auch der Beschluß der Erhebung
der Anklage gegen das liberale Kabinett enthalten ist. Der Ge-
richtshof setzt sich zusammen aus den Präsidenten des Kassations-
und Appellationshofes, des Staatsrates der Skuptschina, sowie drei
Mitgliedern der letzteren.
19. Juli. (Belgrad.) Die Skuptschina nimmt nach fünf-
tägiger Diskussion den Antrag, das frühere liberale Ministerium
in Anklagezustand zu versetzen, mit 102 gegen 11 Stimmen an.
15. September. Prinz Peter Karageorgewitsch, der Präten-
dent auf die serbische Krone, richtet an König Alexander folgendes
Telegramm zum Dank für einen Lorbeerkranz, den König Alexander
auf das Grab des Stifters der Unabhängigkeit Serbiens, Karageorg,
niedergelegt hat: „Dieser edle, zum ersten Male von einem Obreno-
vitsch vollzogene Akt werde vom serbischen Volke einmütig mit warmer
Dankbarkeit begrüßt. Obwohl fern vom Vaterlande Serbien, begrüße
er doch diesen aller Anerkennung würdigen Akt eines Monarchen
gegenüber den Ahnen und dem Andenken eines großen Helden."“
15. November. (Belgrad.) Der König eröffnet die Skup-
tschina mit einer Thronrede, in welcher es heißt:
ç die Skupschtina habe eine wichtige Aufgabe zur Hebung der Volks-
wirtschaft und zur Konsolidierung der Finanzen zu erledigen. Die Thron-
rede lenkt darum die Aufmerksamkeit besonders auf das Budget für 1894,
worin das finanzielle Gleichgewicht hergestellt werde, sowie auf den Handels-
vertrag mit Rußland, durch den die Freundschaftsbande zu dem mächtigen
Slawenreiche enger gefügt würden. Bei der Rundreise des Königs durch
das Land abe das Volk neue wertvolle Beweise der Ergebenheit gegen den
König und die Dynastie Obrenowitsch geliefert. Gegenseitiges Vertrauen
zwischen König und Volk sei das beste Unterpfand einer schönen Zukunft.
Der Passus der Thronrede, der sich auf die auswärtige Lage bezieht, lautet:
„Betreffs der internationalen Verhältnisse unseres Vaterlandes, die ununter-
brochen Gegenstand meiner lebhaftesten Fürsorge sind, kann ich mit Freude
mitteilen, daß die Beziehungen zu allen Staaten freundlich und korrekt sind;
meine Regierung war ununterbrochen bemüht, alle Verpflichtungen, die Ser-
bien übernommen, loyal zu erfüllen und die aufgetauchten Fragen freund-
schaftlich und zuvorkommend zu verhandeln.
3. Dezember. Das Ministerium Dokitsch demissioniert. Do-
kitsch, schon länger schwer krank, stirbt wenige Tage darauf.
4. Dezember. König Alexander lehnt die Berufung Paschitschs ab.
6. Dezember. Ministerium Gruitsch.
Gruruitsch hat das Auswärtige und interimistisch den Krieg, Wuitsch
die Finanzen und Wesnitsch den Unterricht. Das Portefeuille des Inneren
behält Milosavljevitsch, das der Volkswirtschaft Milosevitsch und die Bauten
Oberst Stankovitsch.