140 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.(September 6. )
ßens angelegentlich zu sorgen. In den vier verflossenen Jahren haben schwere
Sorgen die Landwirte bedrückt, und es will mir scheinen, als ob unter
diesem Einfluß Zweifel aufgestiegen seien an meinen Versprechungen, ob sie
auch wohl gehalten werden könnten. Ja, ich habe sogar tief bekümmerten
Herzens bemerken müssen, daß besonders in den mir nahestehenden Kreisen
des Adels meine besten Absichten mißverstanden, zum Teil bekämpft worden
sind. Ja, sogar das Wort „Opposition“ hat man mich vernehmen lassen.
Meine Herren! Eine Opposition des preußischen Adels gegen den König
ist ein Unding, sie hat nur dann Berechtigung, wenn sie den König an
ihrer Spitze weiß. Das lehrt schon die Geschichte meines Hauses. Wie
oft haben meine Vorfahren Irregeleiteten eines einzelnen Standes zum
Wohle des Ganzen gegenübertreten müssen. Der Nachfolger dessen, der aus
eigenem Recht souveräner Herzog von Preußen wurde, wird dieselben Bahnen
wandeln, wie seine großen Ahnen. Und wie einst der erste König ex me
mea nata corona [aus mir ist meine Krone geboren] sagte und sein großer
Sohn seine Autorität als einen rocher de bronze stabilierte, so vertrete
auch ich gleich meinem kaiserlichen Großvater das Königtum. Meine Herren!
Was Sie bedrückt, das empfinde auch ich, denn ich bin der größte Grund-
besitzer in unserm Staate und ich weiß sehr wohl, daß wir durch schwere
Zeiten gehen. Stetig ist mein Sinn darauf gerichiet, Ihnen zu helfen,
aber Sie müssen mich dabei unterstützen. Nicht durch Lärm, nicht durch
Mittel der von Ihnen mit Recht so oft bekämpften gewerbsmäßigen Oppo-
sitionsparteien; nein, in vertrauensvoller Aussprache zu Ihrem staatlichen
Oberhaupte. Meine Thür ist allezeit einem jeden meiner Unterthanen offen,
und willig leihe ich Ihnen Gehör. Da sei fortan ihr Weg, und als aus-
gelöscht betrachte ich alles, was geschah. Um mich aber zu vergewissern,
ob wirklich ich meinen Versprechungen nachgekommen sei und die Fürsorge,
die ich der Provinz einst versprach, in der Weise ausgeführt worden ist,
wie ich wünschte, habe ich zusammenstellen lassen, was für die Provinz unter
meiner Regierung bisher geschehen ist. Es sind seit der Zeit, als ich zu
Ihnen sprach, für Eisenbahnen, zum Erlaß von Darlehen an Deich- und
Meliorationsverbände, für Weichselregulierung und Seekanal für Ostpreußen
85,600,000 M. und für Westpreußen 24 ¼ Millionen Mark aus allgemeinen
Staatsmitteln aufgewendet worden, zusammen 110 Millionen. Mein Wort
habe ich gehalten, aber noch mehr, ich werde fortfahren, in stetem Bemühen
für dieses Land zu sorgen, und der nächstjährige Etat wird bereits neue
Beweise meiner landesväterlichen Fürsorge bringen. Meine Herren, sehen
wir doch den Druck, der auf uns lastet, und die Zeiten, durch die wir
schreiten müssen, vom christlichen Standpunkt an, in dem wir erzogen und
aufgewachsen sind, als eine uns von Gott auferlegte Prüfung. Halten wir
still, ertragen wir sie in christlicher Duldung, in fester Entschlossenheit und
mit der Hoffnung auf bessere Zeiten nach unser aller Grundsatz: noblesse
oblige. Eine erhebende Feier hat sich vorgestern vor unsern Augen ab-
gespielt. Vor uns steht die Statue Kaiser Wilhelms I., das Reichsschwert
erhoben in der Rechten, das Symbol von Recht und Ordnung. Es mahnt
uns alle an andere Pflichten, an ernste Kämpfe wider die Bestrebungen,
welche sich gegen die Grundlagen unseres staatlichen und gesellschaftlichen
Lebens richten. Nun, meine Herren, an Sie ergeht jetzt mein Ruf: „Auf
zum Kampf für Religion, für Sitte und Ordnung gegen die Parteien des
Umsturzes“. Wie der Epheu sich um den knorrigen Eichstamm legt, ihn
schmückt mit seinem Laub und ihn schützt, wenn Stürme seine Krone durch-
brausen, so schließe sich der preußische Adel um mein Haus. Möge er und
mit ihm der gesamte Adel deutscher Nation ein leuchtendes Vorbild für
die noch zögernden Teile des Volkes werden. Wohlan denn, lassen Sie uns