164 Abschluß der norddeutschen Bundesverfassung. 1867
Was die Bundesverfassung betrifft, so fand Bismarck's
kräftiges Wort vom 10. März vollständige Erfüllung. Wie
ausdrücklich auch der preußische und der Mecklenburger
Landtag sich das Recht der Bestätigung oder der Verwerfung
vorbehalten hatten: keiner der 22 Landtage wagte es, die
Anerkennung zu versagen. Fortan gab es kraft des Inhalts
dieser Verfassung und insbesondere kraft ihres Artikels 78
wieder eine gemeinsame Obrigkeit über alle Staaten des
Bundes, mochte sie auch noch so bedeutende Stücke der
politischen Befugnisse den Einzelstaaten für jetzt überlassen
haben. Allerdings streiten noch heute die gelehrten Juristen,
ob das Werk des 17. April 1867 ein Staat im prägnanten
Sinne, oder ein Bundesstaat oder ein Staatenbund nach
den von der Wissenschaft angeblich festgestellten Schulbegriffen
ist, ob die angeblich untheilbare Souveränität in ihm dem
Kaiser oder dem Bundesrath oder nach Vertragsrecht den
verbündeten Fürsten angehört. Das politische Leben der
Nation hat sich nicht viel darob gekümmert. Die Verfassung
hat sich bald ein Menschenalter hindurch weit genug gezeigt,
um sowohl eine fruchtbare Entwicklung der particularen
Eigenthümlichkeiten als der constitutionellen Volksrechte zuzu-
lassen. Weder ein preußischer noch ein monarchischer Eigen-
wille hat den einen oder den andern Eintrag gethan. Auf
der andern Seite hat sich die Bundes-Centralgewalt, selbst
nach ihrer starken Beschränkung durch die Verträge von 1871,
in Bismarck's Händen stark genug bewiesen, die gesammte
Nation zu einem deutschen Reiche fest zusammen zu fassen,
und ihr eine gesicherte und ruhmreiche Stellung unter den
Völkern der Erde zu verschaffen. Wir wissen nicht, was
uns die Zukunft bringen, ob sie uns stets vor schweren