Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 19. 20.) 67
man sie nicht vorhersieht, denn sonst käme es eben nicht dazu. Ich habe
neulich schon auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche darin liegen, daß
man es mit Leuten von fremden Sitten, fremden Anschauungen und einer
fremden Sprache zu thun hat.
Indirekt hat der Graf Arnim dann der hiesigen Verwaltung in die
Schuhe geschoben, die Meuterei wäre aus Sparsamkeitsrücksichten geschehen;
wir hätten, wenn ich den Herrn Vorredner richtig verstanden habe, besser
gethan, die Leute mit Abzügen vom Solde zu bestrafen. Soviel ich weiß,
hat der Herr Vorredner in der Armee gedient, und wenn er in der Armee
die Strafen auf Abzügen vom Solde basieren wollte, so glaube ich, würden
wir nicht weit kommen, und die bedürfnislosen Schwarzen würden gegen
solche Soldabzüge noch ungleich unempfindlicher sein als der preußische
Soldat.
Auch der Gouverneur Zimmerer hat sich das Mißfallen oder das
Mißtrauen des Herrn Vorredners zugezogen. Das basiert meines Erachtens
auf individuellen Eindrücken. Ich bin nicht im Stande, dieses Mißtrauen
zu teilen. Ich glaube, daß wir in dem Herrn einen sehr guten Verwalter
unserer Kolonie gehabt haben. Er hat derselben einen so hohen Grad von
Interesse zugewendet, wie auch sein Vorgänger, der Herr v. Soden, es
gethan hat, und die Verwaltung ging vollkommen gut, bis dieser Zwischen-
fall eintrat.
Der Herr Vorredner ist der Meinung, der Hauptmann Morgen
wäre hingeschickt, um Herrn Zimmerer zu kontrollieren. Das ist nicht der
Fall. Der Hauptmann Morgen ist zunächst nach Egypten geschickt worden,
um Schwarze für die Schutztruppe zu werben. Wir haben mit den Leuten,
die wir jetzt haben, keine besonderen Erfahrungen gemacht. Die Kruleute
sind in das Innere geschickt, die Dahomeleute haben eben gemeutert, mit
Weißen ist nicht weit zu kommen; höchstens als Vorgesetzte, aber nicht als
Soldaten sind sie zu verwenden, denn sie halten die Anstrengungen nicht
aus. So schien es das Zweckmäßigste, Sudanleute zu werben, und da
Herr Morgen mit Afrika Bescheid weiß, so wurde er von meiner Seite bei
der Armee erbeten als der Mann, der wohl am ersten in der Lage sein
würde, eine Truppe zusammenzubringen. Er ist in Egypten gewesen, hat
mit Erfolg geworben, und wird nun die Leute an Ort und Stelle bringen.
Ich vermute, er wird die neue Schutztruppe organisieren. Daß er bestimmt
sei, Herrn Zimmerer zu kontrollieren, davon ist mir nichts bekannt geworden.
Nun möchte ich darauf kommen, daß der Herr Vorredner auch des
Herrn v. Wißmann, obwohl wir uns jetzt in Westafrika befinden, Er-
wähnung gethan hat. Ich habe Herrn v. Wißmann gar keinen Vorwurf
gemacht. Im Gegenteil, ich habe ausdrücklich von ihm gesagt, daß er
Ausgezeichnetes geleistet hat. Ich habe ihn nur zitiert, weil hier der
Bureaukratismus angegriffen worden ist, um zu beweisen, daß ein gewisses
Quantum bureaukratischen Geistes selbst in Afrika nicht zu entbehren ist,
und habe als Beispiel die Wißmann'sche Verwaltung angeführt, die gar
nicht in der Lage war, eine bureaukratische zu sein, die aber gezeigt hat,
daß wir ohne bureaukratisches Element nicht ganz auskommen können.
Im übrigen bin ich am wenigsten geneigt, über den Herrn v. Wiß-
mann abfällig zu urteilen. Ich erkenne seine Leistungen ebenso an, wie es
der Herr Vorredner gethan hat.
Am 20. Februar bringt Abg. Lieber (Z.) die Sklavenfrage in den
deutschen Schutzgebieten zur Sprache. Wirkl. Geh. Leg.-Rat Dr. Kayser
entgegnet, den Deutschen und ihnen gleich zu erachtenden Ausländern sei
das Sklavenhalten verboten, die afrikanische Haussklaverei könne dagegen
nur allmählich abgeschafft werden.
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