Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Elfter Jahrgang. 1895. (36)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 25.) 117 
der christlichen Kirchen oder eine andere mit Korporationsrechten innerhalb 
des Bundesgebietes bestehende Religionsgesellschaft, ihre Lehren, Einrichtungen 
oder Gebräuche beschimpft, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem 
anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte beschimpfenden Un- 
fug verübt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. 
                                             § 184 . 
Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu 
sechshundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: 1. wer 
unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen feilhält, verkauft, verteilt, 
an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, 
oder sonst verbreitet, wer sie zur Verbreitung herstellt oder zum Zweck der 
Verbreitung vorrätig hält, ankündigt oder anpreist; 2. wer Gegenstände, 
die zu unzüchtigem Gebrauche bestimmt sind, an Orten, welche dem Publikum 
zugänglich sind, ausstellt, oder solche Gegenstände dem Publikum ankündigt 
oder anpreist; 3. wer durch Ankündigung in Druckschriften unzüchtige Ver- 
bindungen einzuleiten sucht. Ist die Handlung gewerbsmäßig begangen, 
so tritt Gefängnisstraße nicht unter Einem Monat ein, neben welcher auf 
Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark, auf Verlust der bürgerlichen 
Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden 
kann 
                                                    § 184a. 
Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe bis zu 
dreihundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer an öffent- 
lichen Straßen oder Plätzen Schriften, Abbildungen oder Darstellungen aus- 
stellt, oder anschlägt, welche, auch auch ohne unzüchtig zu sein, durch grobe Un- 
anständigkeit geeignet sind, das Scham= und Sittlichkeitsgefühl erheblich zu 
verletzen. Ist die Handlung gewerbsmäßig begangen, so treten die Strafen des 
§ 184 Absatz 2 ein. Den im vorstehenden Absatz 1 bestimmten Strafen unter- 
liegt, wer aus Gerichtsverhandlungen für die gegen Gefährdung der Sitt- 
lichkeit die Oeffentlichkeit ausgeschlossen war, oder aus den diesen Ver- 
handlungen zu Grunde liegenden amtlichen Schriftstücken öffentlich Mit- 
teilungen macht, welche geeignet sind, Aergernis zu erregen. 
Artikel II. 
In dem Militärstrafgesetzbuch erhält der § 42 Absatz 2 folgende 
Fassung: Wird gegen eine Person des Beurlaubtenstandes während 
der Beurlaubung wegen einer in dem Strafgesetzbuch für das deutsche 
Reich Teil II Abschnitt 1 (Hochverrat und Landesverrat), Abschnitt 2 
(Beleidigung des Landesherrn), Abschnitt 3 (Beleidigung von Bundfürsten), 
Abschnit 6 (Widerstand gegen die Staatsgewalt) oder Abschnitt 7 (Ver- 
brechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung) vorgesehenen straf- 
baren Handlung auf Gefängnis von mehr als sechs Wochen erkannt oder 
erfolgt die Verurteilung einer Person des Beurlaubtenstandes während der 
Beurlaubung wegen einer strafbaren Handlung der im § 37 Absatz 2 Nr. 2 
bezeichneten Art oder auf Grund der Nr. 3, 4, 5, 7 oder 8 des § 361 
des Strafgesetzbuchs und ist in letzteren Fällen auf Ueberweisung an die 
Landespolizeibehörde erkannt, oder diese Person in den letzten drei Jahren 
wegen einer solchen Uebertretung mehrmals rechtskräftig verurteilt worden, 
so kann ein besonderes Verfahren des Militärgerichts zur Entscheidung 
darüber angeordnet werden, ob auf Dienstentlassung oder auf Degradation 
zu erkennen ist. 
                                                    Artikel III. 
In dem Gesetz über die Presse vom 7. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. 
S. 65) wird die Nr. 3 des § 23 durch die nachfolgende Bestimmung ersetzt:
	        
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