Grasbritennien. (Mai 17.—Juni 26.) 241
17. Mai. Neufundland und Kanada.
Der Plan der Vereinigung Neufundlands mit Kanada, worüber
Verhandlungen in Ottawa geführt wurden, scheitert an den finanziellen Be-
dingungen Kanadas. Das finanziell arg bedrängte Neufundland verlangt,
daß Kanada die gesamte Schuldenlast Neufundlands übernehme, was Kanada
verweigert; einen Teil, 5 Mill. Dollars, sollte Neufundland durch direkte
Steuern decken.
27. Mai. (London.) Die Königin empfängt den Sohn des
Emirs von Apghanistan.
1. Juni. (London.) Imnperialistische Politik.
Unter dem Vorsitz des Herzogs v. Devonshire wird ein Verein
gegründet, der sich die Stärkung der Beziehungen zwischen England und
den Kolonien, insbesondere der gemeinsamen Interessen des Handels und
der Verteidigung zur Aufgabe macht.
Anfang Juni. Ein englisches Geschwader erscheint vor Beirut
wegen Bedrohung der syrischen Christen.
21. Juni. (Unterhaus.) Veränderung im Oberkommando
der englischen Armee. Niederlage der Regierung.
Kriegsminster Campbell-Bannermannk teilt mit, daß der Herzog
v. Cambridge am 1. Oktober den Oberbefehl über die Armee niederlegen
werde und daß bei dieser Gelegenheit die Befugnisse des Höchstkomman-
dierenden geändert werden sollten. Er würde fortan den gewöhnlichen Normen
unterstellt sein, welche sich auf die Dienstordnung der anderen Staatsbe-
hörden beziehen, und das Amt würde für die übliche Reihe von Jahren
verliehen, vorbehaltlich einer fakultativen Verlängerung. Der Inhaber des-
selben würde der hauptsächlichste Ratgeber des Kriegsministers sein neben
dem General-Adjutanten, dem General-Quartiermeister, dem leitenden Chef
der Artillerie und dem Inspektor der Befestigungswerke; jeder von ihnen
würde dem Kriegsminister persönlich verantwortlich sein; zusammen würden
sie eine beratende Versammlung zur Informierung des Kriegsministers bilden.
Hierauf tadelt Brodrick die Unzulänglichkeit der Vorräte an Muni-
tion und besonders an Cordit-Pulver. Kriegsminister Campbell Banner-
mann erklärt, die Munitionsvorräte wären genügend. Drei Armeekorps
in der Stärke von zusammen 100000 Mann könnten ins Feld gestellt
werden; für den Fall eines feindlichen Einfalls wäre eine weitere Streit-
macht von derselben Stärke vorhanden, und außerdem ständen 171000 Mann
für Garnisonzwecke zur Verfügung. Für alle diese Truppen wären ge-
nügende Munitionsvorräte da. Ein hierauf von Brodrick eingebrachter An-
trag, von dem Gehalte des Kriegsministers 100 Pfund zu streichen, wird
mit 132 gegen 125 Stimmen angenommen.
23. Juni. (London.) Infolge der Niederlage Campbell-
Bannermanns reicht das Kabinet Rosebery seine Entlassung ein;
die Königin nimmt sie an und betraut Lord Salisbury mit der
Neubildung.
26. Juni. (London.) Neubildung des Ministeriums.
Lord Salisbury übernimmt die Dremierschaft und das Auswärtige
Amt; der Herzog von Devonshire wird Präfident des Geheimen Rates,
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXXVI. 16