252 Frmreich. (Februar Ende.—März 12.)
in der Person Ihres erlauchten Verwandten erlitten haben. Indem ich das
schmerzliche Ereignis, welches Ihren Aufenthalt in Frankreich auf so traurige
Weise unterbricht, beklage, bleibt mir nur übrig, Ihnen mein herzliches
und tiefes Mitgefühl auszudrücken.“
Ende Februar. Deutschland und Frankreich. — Einladung
der französischen Künstler zur Kunstausstellung in Berlin und Ein-
ladung zur Teilnahme an der Einweihung des Nordostseekanals.
Der Ausschuß der nationalen Gesellschaft der schönen Künste beschließt
einer Einladung der deutschen Künstler nachzukommen und die Berliner
Kunstausstellung am 1. Mai zu beschicken. Der „Figaro“ stimmt dem
Beschlusse zu, „Autorité, „Patrie“, „Intransigeant" greifen die Ge-
sellschaft heftig deshalb an.
Auch die Aufforderung des deutschen Kaisers an die franzöfische
Regierung zur Einweihung des Nord-OÖstseekanals einige Kriegsschiffe zu
entsenden, wird in der Oeffentlichkeit lebhaft diskutiert. Der „Figaro“,
„Gaulois“", „Journal des Déöbats“ führen aus, der Einladung, die an
alle zivilisierte Nationen ergangen sei, müsse Frankreich unbedingt Folge
leisten, wenn es nicht die Pflichten der Höflichkeit gröblich verletzen wolle.
Die chauvinistischen Blätter behaupten, die Annahme würde eine Demütigung
und Anerkennung des 1870 geschaffenen Zustandes sein.
4. März. (Paris.) Der Minister des Auswärtigen Hano-
taux teilt dem deutschen Botschafter Graf Münster mit, daß Frank-
reich die Einladung zur Teilnahme an der Einweihung des Nord-
Ostseekanals annehme.
4.—7. März. (Deputiertenkammer.) Militärdebatte. Ver-
gleichung der deutschen und französischen Streitkräfte.
In der Beratung des Heeresbudgets wird das gesamte Militärwesen
einer eingehenden Besprechung unterzogen. Der Berichterstatter Roches
(ugl. 1894 S. 270) tadelt, daß die effektiven Stärken der Kadres weit hinter
der Sollstärke zurückblieben und so die Ausbildung der Truppen erschwerten.
Die deutsche Armee sei der französischen in Quantität, Oualität und Schnellig-
keit der Mobilmachung weit überlegen. Den gegenwärtigen Zustand ver-
urteilen auch Raiberti und Delafosse, die eine Rückkehr zum Berufs-
heer empfehlen. Berteaux verlangt nach deutschem Muster Einführung der
zweijährigen Dienstzeit und fordert Beseitigung der Verwendung von Sol-
daten zu Nebendiensten. Cavaignac erklärt die Erreichung der deutschen
Heeresstärke für unmöglich und fordert eine ganz neue Organisation, die
die kriegsmäßige Ausbildung der Soldaten besser als die jetzige gestatte.
Fast sämtliche Redner stimmen darin überein, daß eine Erhöhung der Frie-
densstärke oder des Budgets unmöglich sei. (Näheres über diese Debatten
bei A. v. Winning, das französische Heer von 1895 vor dem Parlament.
„Preuß. Jahrb.“ Bd. 81.)
12. März. (Deputiertenkammer.) Der Marineminister
über die französische und deutsche Flotte.
Auf eine Bemerkung, daß Frankreich die Bemühungen des deutschen
Kaisers die deutsche Flotte zu vergrößern (vgl. S. 59) beobachten müsse,
erwidert Marineministers Besnard: Ich mache hier keine detaillierte An-
gabe unseres Programmes; ich erwähne lediglich, daß es auf den Besitz von