Italien. (Juli.—September 23.) 269
Sklavenhandels seitens Meneliks Akt genommen und 4. daß Frankreich
Maßregeln zugesichert habe, daß keine Waffen oder Munition aus Obok
nach Aethiopien gelangen.
Juli. Glänzender Empfang des aus Erythräa heimkehrenden
Baratieri.
21. Juli. (Genua.) Infolge eines Zusammenstoßes zweier
Dampfer sinkt der italienische Dampfer „Marie"“ mit 144 Per-
sonen.
August. Kündigung des tunesisch-italienischen Handelsver-
trages durch Frankreich.
Crispis „Riforma" bezeichnet die Kündigung als einen unfreund-
lichen Akt und der „Marzio“ in Neapel führt aus, die italienische Regie-
rung, sicher ihres Rechtes, bewahre die größte Ruhe. Für den Fall der
Nicht-Erneuerung des Vertrages von 1868, würde Italien auf den Ver-
trägen von 1822, 1832, 1833 beharren, die der Großherzog von Toskana,
der König von Sardinien, der König von Neapel mit Tunesien auf ewig
geschlossen haben, und daher keine Kündigung fürchten. Dank diesen Ver-
trägen wird Italien nicht alle gegenwärtigen Vorrechte behalten können;
jedoch muß seine Stellung in Tunis mindestens der Frankreichs gleich sein.
Italien, welches nie das Protektorat Frankreichs anerkannte, wird der fran-
zösischen Regierung keine Antwort geben, sondern wird durch seinen Konsul
direkt mit dem Bey verhandeln.
Anfang September. Bäuerliche Unruhen in Sizilien.
20. September. Große Feier des italienischen Nationalfestes
(vgl. S. 268). Garibaldi-Denkmal, Amnestie, Turnkongreß.
Die Feier wird eröffnet durch Enthüllung eines Garibaldidenkmals
in Rom, wobei der König anwesend ist und Crispi eine längere Rede hält.
Der Papst, sagt er, welcher vor 1870 als weltlicher Fürst mit geringer
weltlicher Macht den Souveränen der Staaten der ganzen Erde nachstehen
mußte, sei jetzt nur Gott unterthan, und ein unabhängiger über allen anderen
stehender Souverän. Die katholische Welt sollte Italien dankbar sein für
die dem römischen Pontifikat geleisteten Dienste. Die Geistlichen bleiben
unverletzt, vorausgesetzt, daß sie in dem Kreise des Rechts bleiben; wenn
sie aber das Vaterland verunglimpfen, indem sie dessen Institutionen be-
kämpfen, so würden sie den Anarchisten nützen, die Gott und den König
verleugnen und diese Thätigkeit würde nicht ungestraft bleiben können.
Der König erläßt eine Amnestie. Es werden alle diejenigen unter
den von den Kriegsgerichten in Sizilien und Massa Verurteilten völlig be-
gnadigt, welche Gefängnisstrafen nicht über zehn Jahre zu verbüßen hatten,
voransgesetz. daß sie nicht zugleich wegen irgend welchen Verbrechens gegen
das Leben verurteilt waren. Den mit längerer Gefängnishaft Bestraften
wird ein weiteres Drittel der ursprünglichen Gesamtstrafe nachgelassen, nach-
dem sie bereits am 14. März ds. Is. einen Strafnachlaß von einem Drittel
erhalten hatten.
Unter den zahlreichen festlichen Veranstoltungen findet auch ein Turn-
kongreß statt, an dem eine Abordnung deutscher Turner mit großer Aus-
zeichnung teilnimmt.
23. September. (Rom.) Der König nimmt eine große Parade
über Veteranen ab.