Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Elfter Jahrgang. 1895. (36)

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unterstützen. Frankreich, das die englische Herrschaft in Egypten 
mit Widerwillen sieht und daher an der Lösung der türkischen Frage 
lebhaft interessiert ist, war auch hier Rußlands treuer Helfer. Die 
Pforte suchte dem drohenden Sturme durch Einsetzung einer Kom- 
mission zur Untersuchung und Abstellung der armenischen Mißstände 
zu entgehen, aber da die Mächte der Redlichkeit ihrer Absichten 
mißtrauten, so legten fie ihr ein Projekt vor (11. Mai), das für 
die armenischen Vilajets Bitlis, Siwas, Wan, Erzerum, Mamured Meform- 
ul Aziz, Diarbekir eine Reihe von Verwaltungsreformen forderte. projert. 
Außerdem sollte eine aus Christen und Muhamedanern gemischte 
Kommission die Ausführung der Reformen überwachen und den 
Mächten sollte gestattet sein, mit dieser Kommission direkt zu ver- 
kehren. Der Sultan wollte anfangs von diesen Vorschlägen nichts 
hören; Reformen für einzelne Provinzen, erwiderte er, seien unmög- 
lich und für das ganze Reich bereits in Vorbereitung. Nach monate- 
langen Verhandlungen endlich gab er in einigen Punkten nach und 
versprach eine Uberwachungskommission von osmanischen Staats- 
bürgern einzusetzen, die mit den Botschaftern der Mächte direkt ver- 
kehren sollte (7. Sept.). Ehe diese Angelegenheit abgeschlossen war, 
kam es in Konstantinopel zu einem furchtbaren Gemetzel, hervor- 
gerufen durch eine tumultuarische Massenpetition der Armenier 
und ihren Widerstand gegen die türkische Polizei, die die Ansamm- 
lung nicht dulden wollte (30. Sept.). Der Fanatismus der Mos- Arme- 
lemen erwachte, die Armenier wurden blutig verfolgt, mußten sich —l 
in die Kirchen flüchten und wagten diese erst nach einigen Tagen 
unter dem Schutz der fremden Botschafter zu verlassen. Wie be- 
hauptet wird, soll dieser Putsch vom armenischen Geheimkomitee in 
London angezettelt sein, um durch Vorführung von Schreckensszenen 
das Mitleid Europas für die Armenier zu beleben und einen Druck 
auf die Mächte auszuüben. 
Die nächste Folge dieses Vorganges war die dringende For- 
derung der Mächte an die Pforte, Leben und Eigentum der Christen 
in der Hauptstadt zu schützen, der die Pforte auch durch starke 
Polizei= und Militäraufgebote nachkam. In den Provinzen aber 
beantworteten die Muhamedaner die Kundgebung der verhaßten Autbad 
Armenier mit neuen blutigen Verfolgungen; im Novemher kam es menien.
	        
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