Oester-
reich.
Regie-
328 Mebersicht der politisczen Eutwi#zelnns des Jahres 1895.
Ausführungen in einem scharfen Artikel der „Polit. Korr.“ zurück
(S. 215). In Ungarn erhob sich ein Sturm der Entrüstung, all-
gemein wurde der Abschied des seit vorigem Jahre unbeliebten
Ministers (vergl. 1894 S. 214, 241) gefordert, weil er in dem
Ministerpräfidenten die ungarische Nation beleidigt habe. Beide
Minister boten ihre Entlassung an, und nach fruchtlosen Ver-
söhnungsversuchen blieb dem Kaiser nichts übrig als die Demission
Kalnokys anzunehmen, um einen Konflikt in den bald darauf zu-
sammentretenden Delegationen zu vermeiden. Die Auswärtige
Politik blieb aber vom Personenwechsel unberührt; der Nachfolger
Kalnokys, Graf Goluchowski, bekannte sich als Anhänger des Drei-
bundes und wandelte auch in der Orientpolitik in den Spuren
seines Vorgängers (vgl. oben).
In Österreich konnte die Koalitionsregierung — bestehend aus
Polen, Deutsch-Liberalen, den deutschen und slavischen Konservativ-
Klerikalen des Hohenwartklubs — ihr Versprechen, mit dem sie ins
Amt getreten war, den nationalen Besitzstand zu respektieren nicht
halten: die Errichtung slovenischer Gymnasialklassen im deutschen Teile
Steiermarks, die vom Grafen Taasse versprochen war und von den
Slovenen des Hohenwartklubs unerbittlich gefordert wurde, sprengte
ereel sie auseinander (S. 223). Ihr folgte zunächst ein provisorisches
Par-
teien.
Ministerium, dann ein Kabinett unter dem Polen Graf Badeni,
das keiner bestimmten parlamentarischen Gruppe angehören, sondern
ein reines Geschäftsministerium sein wollte. Für die Parteien war
dieser Wechsel von großen Folgen. Die Polen, denen nunmehr
der Ministerpräsident und der Minister des Auswärtigen angehören,
spielten seitdem die erste Rolle im österreichischen Staate, und die
Jungtschechen, bisher die grimmigsten Feinde jeder Regierung,
wiesen die Hand, die ihnen Badeni mit der Aufhebung des Prager
Ausnahmezustandes entgegenstreckte, nicht zurück, um nicht für alle
Zeit die Regierungsfähigkeit zu verlieren. Schwere Erschütterungen
bracht das Jahr den Deutschen. Ihre größte Fraktion, die Linke,
spaltete sich in der Cillifrage, indem der größere Teil für das Bud-
get votierte, trotzdem dieses den so heftig befehdeten Posten über
Cilli enthielt. Die Minorität enthielt sich oder stimmte mit den
Deutschnationalen und Antisemiten dagegen. Infolge dieser Haltung