Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Elfter Jahrgang. 1895. (36)

Spa- 
nien. 
330 Mebersict der politischen Entwinelung des Jahres 1895. 
vorher. Eine weitere Genugthuung wurde dem ungarischen National- 
stolze dadurch zu teil, daß der Kaiser den bisherigen Titel des 
Ministers des Auswärtigen „kaiserlicher und königlicher Minister 
des Außeren und kaiserlichen Hauses“ in die Bezeichnung „Minister 
des kaiserlichen und königlichen Hauses“ umwandelte und in dem 
Grafen Apponyi einen besondern Hofmarschall für Ungarn ernannte. 
Die innere Geschichte Ungarns war nicht so bewegt als im vorigen 
Jahre. Zwar kamen einige kroatische Straßendemonstrationen gegen 
die Magyaren vor (S. 228), die aber ohne tiefere Folgen blieben. 
Das Verhältnis zu den anderen Nationalitäten wurde durch solche 
Konflikte nicht getrübt, so daß die im Memorandumprozeß ver- 
urteilten Rumänen (vgl. 1894) begnadigt werden konnten. Im 
Jahre 1896 wird die bedeutendste politische Aufgabe die Erneuerung 
des Ausgleichs mit Österreich sein, eine Angelegenheit, die bereits 
in Parlament und Presse beider Länder behandelt worden ist und 
manche Schwierigkeiten bieten wird, da hier wie dort rührige Poli- 
tiker die Quoten ihrer Länder in den gemeinsamen Ausgaben herab- 
zusetzen bemüht sind. 
Ein sorgenvolles Jahr hat Spanien durchlebt. Die inneren 
Unruhen, die bereits im vorigen Jahre zu verzeichnen waren, wieder- 
holten sich, und es ist keine Aussicht vorhanden, daß dem Notstande, 
der ihnen zu Grunde liegt, abgeholfen werden kann. Ein schlimmes 
Zeichen waren ferner die Ausschreitungen jüngerer Offiziere, die in den 
höheren Stellen Entschuldigung fanden, Differenzen im Ministerium 
hervorriefen und Sagasta zum Rücktritt zwangen. Zu diesen inneren 
Schwierigkeiten gesellte sich eine äußere: der Aufstand auf Cuba. 
Der Grund war die alte Unzufriedenheit der Cubaner mit der 
schlechten Wirtschaft der Spanier und die Nichterfüllung des im 
Jahre 1881 gegebenen Versprechens, den Cubanern dieselben ver- 
fassungsmäßigen Rechte wie dem Mutterlande zu gewähren. Eine 
Verwaltungsreform, die einen beschränkten Anteil an der Regierung 
der Insel gewährte, kam zu spät und konnte den Ausfstand nicht 
mehr hindern. Die Spanier mußten ihren besten General über 
den Ozean schicken, aber obwohl Martinez Campos gegen Schluß 
des Jahres über 100 000 Mann unter seinen Befehlen hatte, war 
der Aufstand noch nicht gebändigt, ja es war aus den unsicheren
	        
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