52 das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 21.—22.)
duktion sein und die Lage der Tabaksbauer werde verschlechtert werden.
Die Frage der Arbeiterentlassung habe der Vorredner zu leicht behandelt.
Abg. Förster-Reuß (Soz.): Die Steuer wolle die Fünfpfennig-Zigarre
treffen, den Hauptverbrauchsartikel des Volks. Die Konsumtion werde sich
bei wachsender Steuer verringern und die Abnahme der Fabrikanten schließ-
lich zum Monopol führen. Abg. Zimmermann (Antis.) ist gegen den
Gesetzentwurf, weil er wie alle indirekten Steuern die schwächeren Schultern
treffen werde. Größere Einnahmen würde die Regierung vom Antrag
Kanitz und einer Reichseinkommensteuer haben.
21. Februar. (Preuß. Abgeordnetenhaus.) Etat. Köller
über Theater, Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts und die
offiziöse Presse.
Auf eine Bemerkung des Abg. v. Heeremann (Z.) über unsittliche
Bühnenstücke erklärt Minister des Innern v. Köller: Die Theater seien
in den letzten Jahren aus Bildungsstätten zu Erwerbsquellen geworden
und fügten der öffentlichen Moral großen Schaden zu. Unsittliche Auf-
führungen zu verhindern sei der Polizei aber nicht immer möglich, da das
Oberverwaltungsgericht ihre Entscheidungen gelegentlich wieder aufhöbe.
„So haben die Polizeibehörden in richtiger Erkenntnis, daß das Stück
„Die Weber“ nicht auf die Bühne gehört, dasselbe verboten. Dann wurde Be-
schwerde gegen das Verbot erhoben, die Sache ist an das Oberverwaltungs-
gericht gegangen und dasselbe hat in zwei Fällen die polizeiliche Verfügung
aufgehoben. Das Oberverwaltungsgericht kann ja niemals generell ent-
scheiden, sondern die Entscheidung betrifft immer nur einen einzelnen Fall.
Ich hoffe, daß die Polizeibehörden im Lande immer wieder von neuem mit
diesem Verbote kommen, und es wird dann nicht ausbleiben, daß auch das
Oberverwaltungsgericht seinerseits anders urteilt. Hier möchte ich aber
öffentlich derjenigen Polizeibehörde im Lande, die vor zehn Tagen „die
Weber“ von neuem untersagt hat, meinen Dank aussprechen“.
Abg. Rickert (frs. Vg.) greift den Minister scharf an, weil er mit
diesem Vorgehen das Ansehen der Gerichte untergrabe. Dem Minister
stimmen zu die Abgg. Graf Limburg (kons.) und v. Heeremann (Z.),
während Abg. Hobrecht (nl.) Bedenken gegen die Kritik des Ministers an
den gerichtlichen Beschlüssen erhebt. Minister v. Köller entgegnet, er habe
keine Kritik üben, sondern seinen Polizeibehörden nur eine Direktive geben
wollen.
Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Arendt (fk.), ob die Regierung
allein die „Berliner Korrespondenz“ als offiziöses Organ benütze
oder auch mit der „Nordd. Allg. Ztg.“ und den „Berl. Polit. Nachr.“
Beziehungen unterhalte, antwortet Minister v. Köller, durch die „Berl.
Korresp.“ wolle die Regierung der Presse sichere Nachrichten zugehen lassen,
aber das schließe nicht aus, daß sie gelegentlich einmal auch einem anderen
Blatte Nachrichten zugehen lasse.
22. Februar. (Reichstag.) Tabaksteuer.
Abg. Bassermann (nl.): Die Vorlage werde die leistungsunfähigsten
Klassen treffen und durch Verteuerung des Fabrikats einen Verbrauchsrück-
gang hervorbringen. Eine Mehreinnahme aus dem Tabak könne nur durch
Erhöhung des Zolles auf ausländischen Tabak erzielt werden. Staatsminister
von Sachsen-Meiningen v. Heim plaidiert für die Vorlage im Interesse
der Kleinstaaten, damit diese von der Erhöhung der Matrikularbeiträge
befreit würden; eine Erhöhung der Einkommensteuer sei ihnen unmöglich.
Abg. Pöhlmann (Hosp. der Kons.) spricht für die Vorlage, wenn er