108 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 19.)
sammelten mich begrüßt. Ich danke Ihnen von Herzen für diesen freund-
lichen Empfang. Es ist durchaus keine Schmeichelei, wenn Ich erkläre,
daß der Tag der Elbe-Regatta für Mich immer ein Tag der Freude ist,
welchem Ich mit Ungeduld entgegensehe, denn er bedeutet für Mich immer
einen Feiertag nach schweren Mühen. Das Zusammensein mit Herren, die
gleichen Zielen entgegenstreben, mit Männern von Kopf und beseelt von
dem Geist, der über die Welt dahinschwebt, mit Männern, die schon
manches gesehen und erlebt haben, ist für Mich ein Labsal und regt auch
Mich zu neuen Gedanken, zu frischem Thun an. Sie haben freundlicher-
weise bei Ihrem Rückblick der Anstrengungen und Arbeiten gedacht, die
Ich unternommen habe, um auch bei uns den Segelsport vorwärts zu
bringen. Meine Herren, das ist eine von den Künsten - so will ich es
einmal nennen - die wir pflegen können, weil wir im gesicherten Frieden
zu leben imstande sind, und wir können das schon, weil wir nunmehr auf
der Basis stehen, welche Mein seliger Herr Großvater und Mein seliger
Herr Vater uns erstritten haben. Seitdem nun aber ein Deutsches Reich
besteht und unser gesamtes deutsches Volk unter einheitlichem Banner auf
sein Ziel hinarbeitet, und seitdem wir wissen, daß wir durch unser festes
Zusammenstehen eine unüberwindliche Macht in der Welt darstellen, mit
welcher gerechnet werden muß, seitdem haben wir auch den Frieden be-
wahren können. Und keine Kunst ist wohl so geeignet, den Mut zu stählen
und das Auge zu klären wie die Fahrt auf dem Wasser. Ich hoffe, daß
jahraus jahrein von Innern des Landes mehr und mehr ein starker Zuzug
hieher stattfinde, um immer mehr die Reihen der Sportsfreunde zu stärken
und zu vermehren und nicht bloß den Kampf mit den Elementen aufzu-
nehmen, der Geschicklichkeit erfordert, sondern Ich verspreche Mir auch von
dem Verkehr des Inlands mit der „Wasserkante" großen Vorteil und be-
fruchtende Gedanken für Mein Volk. Meine Herren, Sie haben soeben
gehört und Ich bin Ihnen dafür dankbar, daß Sie mit Freuden und mit
Anerkennung unsrer Politik folgten. Es ist Mein Grundsatz überall, wo
Ich es vermag, neue Punkte zu finden, an denen wir einsetzen können und
an denen in späteren Zeiten unsre Kinder und Enkel das ausbauen und
sich zunutze machen können, was wir ihnen erworben haben. Langsam nur
hat das Verständnis für Wasser- und Seewesen, für die Wichtigkeit des
Meeres und seiner Beherrschung bei unsern Landsleuten platzgegriffen, aber
das Verständnis ist erwacht, und wenn einmal beim Deutschen eine Idee,
ein Gedanke Funken gefangen hat, so wird selbiger auch bald zur lodern-
den Flamme. So wird es auch hier sein. Das deutsche Volk ist wie ein
edles Vollblutpferd, es duldet nicht, daß ihm einer an die Gurten heran-
kommt, sondern es will seinen Platz vorn behaupten, und das ist Mein
Wunsch. Mögen wir mit unsern sämtlichen Bestrebungen und mögen Sie
in Hamburg mit Ihren Gedanken und Ihren vorwärtsgehenden Be-
strebungen an der Spitze marschieren, wie bisher! Darauf leere Ich
ein Glas!"“
19. Juni. (Reichstag.) Bülow über die Ereignisse auf
Samoa.
Auf einige Bemerkungen der Abgg. v. Liebermann (Antif.) und
Hahn (Bd. d. L.) erwidert Staatssekretär v. Bülow: Ich hatte nicht er-
wartet, daß die Samoa-Frage heute angeschnitten würde; nachdem dies
geschehen, will ich unsern Standpunkt in dieser Beziehung präzisieren.
Ich habe unsre Haltung dahin zusammengefaßt, daß wir den Rechtsboden
der Samoa-Akte weder selbst verlassen, noch durch andere uns davon ver-
drängen lassen würden; daraus folgt, daß wir unsre deutschen Rechte un-