204 Nie Gesterreitisch-Angarische Menauchie. (Dezember 19./22.—30.)
sich eben der Handel und die Kaufmannschaft für solche Unternehmungen
und die Regierung unterstütze sie allerwegen. Er würde glücklich sein,
wenn er ebenfalls in der Lage wäre, in ähnlicher Weise fördernd zu wirken.
Gegenüber der Bemerkung Kramarz', daß Oesterreich auf der Balkanhalb-
insel keine Rolle mehr spiele, deutet der Minister auf den neuen Handels-
ausweis hin, aus welchem ersichtlich ist, daß der Handelsverkehr nach Ru-
mänien, Serbien, Bulgarien auch heute noch sehr bedeutend und sogar im
Aufblühen begriffen sei. Graf Goluchowski wendet sich sodann gegen die
immer wiederkehrende Behauptung, König Milan stehe unter dem besonderen
Schutze Oesterreich-Ungarns. Er halte es für notwendig, dieser Legende
endlich einmal ein Ende zu machen. Die Version sei zum erstenmal auf-
getaucht, als Milan nach Serbien zurückkehrte. Damals hieß es, Oesterreich
hätte ihn wieder hingebracht. Das sei aber unwahr. Oesterreich habe
darauf keinen Einfluß genommen, wie es ebensowenig darauf hinwirke, daß
er Serbien wieder verlasse. Das sei eine rein dynastische Frage Serbiens.
Wenn es dem König Alexander gefalle, daß er seinen Vater um sich habe,
so könne sich Oesterreich dagegen nicht wenden.
19./22. Dezember. (Cisleithanien.) Ministerwechsel.
Graf Clary reicht die Demission ein, die der Kaiser genehmigt
(19. Dezember). Am 22. wird ein Beamtenministerium gebildet. Der
Kaiser ernennt den bisherigen Eisenbahnminister Dr. v. Wittek abermals
zum Eisenbahnminister und betraut ihn provisorisch mit dem Vorsitz im
Ministerrath. Ferner wird Graf v. Welsersheimb zum Landesverteidigungs-
minister und Dr. von Chlendowski zum Minister ohne Portefeuille wieder-
ernannt. Weiter betraut der Kaiser mit der Leitung der übrigen Mini-
sterien nachstehende Sektionschefs: mit der Leitung des Ackerbauministeriums
Frhrn. v. Blumfeld, des Ministeriums des Innern Stummer, des Fmanz-
ministeriums Frhrn. v. Jorkasch-Koch, des Handelsministeriums abermals
Dr. Stibral, des Justizministeriums Frhrn. v. Schrott, des Kultusmini-
steriums v. Bernd. (Ueber die Ursachen des Kabinetswechsels val. Uebersicht.)
22. Dezember. (Wien.) Der Kaeiser vertagt den Reichsrat.
22. Dezember. (Cisleithanien.) Ein keaiserliches Patent
beruft die Landtage von Böhmen, Galizien, Oberösterreich, Nieder-
österreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Krain, Mähren und
Schlesien auf den 29. Dezember ein.
W. Dezember. (Wien.) Die österreichische Delegation ge-
nehmigt ein viermonatiges Budgetprovisorium.
29. Dezember. (Wien.) Der König Alexander von Serbien
stattet dem Kaiser einen Besuch ab.
30. Dezember. (Wien.) Der Kaiser bestimmt nach den
Vorschlägen der Quotendeputation die Quote zu den gemeinsamen
Ausgaben für Osterreich mit 65 /16 Prozent, für Ungarn mit
34 7°20 Prozent auf die Dauer eines halben Jahres.