Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

Grofbritannien und Frland. (August 9.—26.) 221 
beide Rassen unter der Führung beider Regierungen die möglichste Gleich- 
berechtigung haben sollen. Präsident Krüger habe aber in der ganzen Zeit 
seit 1881 eine gerade entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. Sein einziges 
Bestreben sei darauf gerichtet gewesen, die englische Regierung und die Re- 
gierung der Republik zu entzweien und beide Nationen in zwei verschiedene 
Lager zu spalten, indem er den Holländern ein Uebergewicht gegeben habe, 
zu dem ihnen ihre Zahl keine Berichtigung gebe, und indem er die Eng- 
länder beinahe in die Lage von Besiegten, sicherlich aber doch in die Lage 
einer unterworfenen Rasse gebracht habe. Er protestiere gegen die Idee, 
daß solche Conventionen ein unbewegliches Markzeichen seien, auf das man, 
was auch immer geschehen möge, unvermeidlich zurückgreifen müsse. Er 
glaube, das Umgekehrte sei der Fall. So wenig England geneigt sei, diese 
Conventionen zu vernichten, solange ihnen ein ehrliches und ehrenwertes 
Dasein verstattet sei, so würden doch jetzt nur sehr wenige Engländer wünschen, 
daß den Conventionen in der damaligen Form Englands Siegel aufgedrückt 
werden. Wenn nun die Gültigkeit derselben bestritten und angefochten 
werde, was könnte an ihre Stelle treten? Er wisse es nicht, aber es würden 
keine Conventionen gleichen Stiles sein. Er sei dessen völlig sicher, daß 
England, wenn es sich dafür verwende, den britischen Unterthanen eine 
elementare Justiz zu sichern, nicht den Zustand der Dinge wiederherstellen 
lassen werde, welcher alle diese alten Schwierigkeiten in ihrem ganzen furcht- 
baren Charakter wieder beleben könnte. „Die gegenwärtige Politik Eng- 
lands ist.“ schloß Redner, „von Selborne so deutlich dargelegt, daß ich 
nichts darüber zu wiederholen brauche. Ich stimme Selbornes Erklärung 
zu, daß, nachdem wir die Hand einmal an den Pflug gelegt haben, wir 
nicht beabsichtigen, sie wieder fortzunehmen!“ (Beifall.) 
Im Unterhause führt Campbell-Bannermanns aus, ein Krieg gegen 
Transvaal sei durch nichts gerechtfertigt. Chamberlain antwortet: Es 
handle sich um das Ansehen des Reiches. Die Beschwerden der Uitlanders 
seien begründet und müßten berücksichtigt werden. Es könne nicht gesagt 
werden, daß er oder seine Kollegen bestrebt seien, die Dinge einem über- 
eilten Schlusse zuzutreiben. Er träume nicht von der Erwerbung des 
Landes. Englands Interesse ist es, die Freiheit und Wohlfahrt Transvaals 
aufrechtzuerhalten. Die Bedingung des Nichteingreisens seitens Englands 
sei aber, daß Transvaal Schritte zur Gleichstellung beider weißer Rassen 
thue. Immerhin sei die Lage besorgniserregend. Er sehe jedoch hoffnungs- 
voll in die Zukunft. 
9. August. Schluß des Parlaments. In der Thronrede 
heißt es über Transvaal: 
Die Lage meiner Unterthanen in der südafrikanischen Republik ist 
unvereinbar mit den Versprechungen gleicher Behandlung, auf die meine 
Bewilligung der inneren Unabhängigkeit für diese Republik sich gründet. 
Die hiedurch verursachten Unruhen sind eine beständige Quelle der Gefahr 
für den Frieden und die Wohlfahrt meines Herrschaftsgebietes in Süd- 
afrika. Die Unterhandlungen mit der Regierung von Transvaal über 
diesen Gegenstand sind noch im Gang. 
August. Die Rüstungen werden eifrig fortgesetzt. Der Trans- 
port von 12000 Mann aus Indien nach Südafrika wird vorbereitet. 
26. August. (Highbury.) Chamberlain hält eine scharfe 
Rede gegen Transvaal, in der er Transvaal als den Vasallen 
Englands bezeichnet.
	        
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