Frankreich. (März 14.— April 20.) 235
14. März. Der Präsident Loubet begnadigt die Personen,
die am 18. Februar und in den folgenden Tagen wegen Unruhen
zu Geldstrafen verurteilt worden find.
17. März. (Kammer.) Marineminister Lockroy sagt über
die Verstärkung der Seemacht Frankreichs:
Frankreich könne nicht eine ebenso bedeutende Flotte wie England
und eine ebenso zahlreiche Landarmee wie Deutschland haben. Wenn
Frankreich der Krieg erklärt worden sei, so müsse es im stande sein, ihn
durchzuführen; wenn es aber einen Krieg vermeiden wolle, so müsse es
stark sein. Die Verteidigung der Küsten sei von nicht geringerer Bedeutung
als die Verteidigung der Ostgrenzen. Man müsse für den Fall eines
Krieges sich auch die Freiheit der Meere sichern. Die Ausdehnung des
Kolonialbesitzes erfordere es, daß man auch eine starke Marine habe. Die
unterseeische Schiffahrt habe in Frankreich soeben einen entscheidenden Schritt
vorwärts gethan, man sei jetzt im Besitze eines Unterseefahrzeuges, welches
im stande sei, thatsächliche Dienste zu leisten. Dasselbe sei ein Hilfsmittel
auf militärischem Gebiete und auf dem Gebiet der Schiffahrt. Die in
Toulon mit dem Unterwasserboot „Gustave Zéde“ angestellten Versuche
hätten ein bündiges Ergebnis geliefert. Der „Zéde“ habe einen großen
Fehler gehabt; er sei nämlich blind gewesen. Ties sei er aber nicht mehr.
Man habe ihn in den letzten Tagen mit einer Sehvorrichtung ausgestattet,
die ihm ermögliche, an seinen Gegner heranzukommen und einen sicheren
Schlag gegen ihn zu führen. So habe Frankreich ein neues und furcht-
bares Werkzeug in seinen Händen. Frankreich habe im Mittelländischen
Meere gegenwärtig 15 Panzerschiffe, während England dort deren nur zehn
habe. Er sei bestrebt, durch Herabminderung der Zahl der Schiffstypen
eine homogene Flotte zu schaffen. Nach lobenden Aeußerungen über das
Menschenmaterial der Flotte sagt der Minister schließlich, Frankreich müsse
eine machtvolle Marine gegeben werden. Deren Erneuerung sei nötig.
Frankreich wolle den Frieden, doch müsse die Marine organisiert werden,
um einen Angriff zurückweisen zu können. (Vgl. Germanicus, Frankreichs
Flottenfrage und die junge Schule. Preuß. Jahrb. Bd. 96.)
18.20. März. In der Deputiertenkammer kritisiert der
Admiral Rieunier das Programm des Marineministers scharf, ins-
besondere die Vernachlässigung der Panzerschiffe.
31. März. (Paris.) Der „Figaro“ veröffentlicht die Akten
der Untersuchung des Kassationshofes. — Das Blatt setzt die
Publikation mehrere Wochen lang fort, obwohl der Redakteur zu
500 Francs Strafe verurteilt wird.
18. April. (Paris.) Die Führer der Liga zur Verteidigung
der Menschenrechte, die für die Revision des Dreyfusprozesses agitiert,
werden wegen Verletzung des Vereinsgesetzes zu 16 Francs Geld-
strafe verurteilt.
20. April. (Paris.) Der Lustspieldichter Pailleron
(Hauptwerk: „Die Welt, in der man sich langweilt"), Mitglied der
Akademie, 7.