252 IStalien. (Juni 28.—November 14.)
matischen Vertretern, die beim Quirinal beglaubigt sind, soll eine Straf-
verfolgung nur auf Antrag der beleidigten Persönlichkeit erfolgen.
W. Juni. (Deputiertenkammer.) Debatte über das
Dekret.
Ministerpräsident Pelloux zieht die Vorlage betreffend die politischen
Maßnahmen zurück und legt die königliche Verordnung über dieselben Maß-
nahmen vor, damit sie durch Kammerbeschluß Gesetzeskraft erlange. Die
außergewöhnliche Lage zwinge zu der außergewöhnlichen Maßnahme. Eine
andere Lösung sei nicht denkbar. Rudini: Er werde die Obstruktion be-
kämpfen. Er begreife die Notlage der Regierung, aber es handle sich hier
um Dinge, die sein Gewissen als Politiker und wahrer Freund der bestehen-
den Einrichtungen beleidigten. Er erkenne an, daß die Regierung die An-
rechnung mildernder Umstände verdiene. Das Einzige, was hätte geschehen
müssen, sei eine Reform der Geschäftsordnung, durch die die Machtbefugnisse
des Präsidenten erweitert würden, und er hoffe, die Regierung werde einer
auf Verhinderung der Obstruktion gerichteten Tagesordnung zustimmen. Was
aber das Dekret betreffe, so werde die Kammer ihre Vorrechte zu wahren
wissen. — Nach langer Debatte genehmigt die Kammer den Antrag Pelloux
das Dekret unter der Bezeichnung „Indemnitätsbill“ an die Kommission
für die Beratung der Vorlage über die politischen Maßnahmen zu überweisen.
30. Juni. (Deputiertenkammer.) In der Beratung über
die Abänderung der Geschäftsordnung kommt es zum Handgemenge.
Die Abstimmungsurnen werden umgestürzt.
30. Juni. (Rom.) Ein königliches Dekret schließt die Tagung
des Parlaments.
13. August. Drei sozialistische Abgeordnete, die wegen der
Unruhen des letzten Jahres bestraft und ihres Mandats für ver-
lustig erklärt worden waren, werden wiedergewählt.
September. Der größte Teil der Presse verurteilt den Aus-
gang des Dreyfuspreozesses scharf.
4. Oktober. (Palermo.) Crispi feiert unter großer Fest-
lichkeit und Teilnahme seinen 80. Geburtstag. Auch der Deutsche
Kaiser sendet ein Glückwunschtelegramm.
14. November. Der König eröffnet das Parlament. In der
Thronrede heißt es:
„Ich trete wieder vor Sie hin, freudigen Herzens und voll Ver-
trauen, denn Ich weiß, daß trotz allem die Vaterlandsliebe uns eint. Vorüber=
gehende Störungen konnten die regelmäßige Entwicklung der Thätigkeit der
Deputiertenkammer hemmen und auf diese Weise eine Unterbrechung der
Arbeiten des Parlaments nötig machen. Dies wird keine nachteiligen Folgen
haben, wenn Sie, wie Ich mit Sicherheit annehmen darf, jene Unter-
brechung jetzt durch emsige Arbeit wieder ausgleichen. Ein Jahr ist ver-
flossen, seit dem Tage, wo Ich Ihnen verkündigte, daß Ihnen zur Begut-
achtung Maßregeln unterbreitet werden würden, die bezweckten, die Lage des
Landes zu verbessern. Bis jetzt konnten diese Maßregeln noch nicht zur
Ausführung gelangen. Es muß daher die unerledigte Arbeit mit Eifer