Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

Nebersicht der politischen Entwichelung des Jahres 1899. 325 
die Deutschen so machten jetzt die Tschechen Obstruktion, und zwar 
richtete sich ihr Widerstand gegen das Budget und gegen das Ge- 
setz über die Überweisung der indirekten Verbrauchsabgaben, das 
nach den Abmachungen mit Ungarn am 1. Januar in Kraft 
treten sollte. Um die Deutschen zur Vornahme der Delegations- 
wahlen zu gewinnen, versprach Graf Clary feierlich von dem § 14 
keinen Gebrauch zu machen, so daß ihm, als die parlamentarische 
Erledigung der Ausgleichsgesetze nicht mehr möglich war, kein 
anderer Ausweg übrig blieb als der Rücktritt. Sein Nachfolger, 
der bisherige Eisenbahnminister v. Wittek mußte dann die Gesetze 
mittelst des § 14 ausführen. So kurz die Regierung des Grafen 
Clary auch war, sie hatte doch den Erfolg, daß die Delegationen 
ordnungsmäßig zu stande gekommen sind und daß die Deutschen 
wieder in nähere Beziehungen zur Regierung getreten sind. 
In dem Kampf der Parteien und Nationalitäten ist als eine Anti- 
neue Erscheinung anzusehen, daß dieantikatholische Bewegung „Los von#saer. 
Rom“ trotz aller Bekämpfung durch die Regierung Fortschritte ge-wegung. 
macht und in Osterreich, Böhmen und Schlesien zur Gründung 
neuer evangelischer Gemeinden geführt hat. Da die Häupter der 
radikalen deutsch-nationalen Bewegung diese Agitation mit be- 
sonderer Vorliebe unterstützten und die Klerikalen die besten Stützen 
der Grafen Thun und Badeni waren, so war bei Beginn der Be- 
wegung allgemein die Meinung verbreitet, daß sie aus rein poli- 
tischen Erwägungen hervorgegangen sei, aber in letzter Zeit ist in 
evangelischen Kreisen Deutschlands die überzeugung im Wachsen, 
daß ihr wirklich religiöse Impulse zu Grunde liegen. 
Spanien krankt noch an den Nachwehen des Krieges, undpanien. 
seine Geschichte zeigt dieselben Züge wie die Jahre vorher: finan- 
zielle und wirtschaftliche Not, Zunahme des separatistischen Geistes 
in Catalonien und Steigerung der Parteikämpfe. Der Verkauf 
der Karolinen und der Erlös aus den Philippinen konnten den 
Finanzen nicht aufhelfen; die Summen genügten nicht einmal zur 
Deckung des Soldes, den die Regierung den aus Kuba heimge- 
kehrten Truppen schuldete. Ein schwacher Trost für die Regierung 
war, daß die Karlisten bei den Wahlen trotz lebhafter Agitation 
keine nennenswerten Erfolge erzielten, dagegen gab die Opposition
	        
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