28 Das Deutshe Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 25.)
25. Januar. (Preußischer Landtag.) Interpellation über
die dänischen Ausweisungen in Nordschleswig. Erklärung Reckes.
Abg. Barth (fr. Vg.) bringt folgende Interpellation ein: Der Ober-
präsident von Schleswig-Holstein hat nach einem öffentlichen Zugeständnis
in öfteren Fällen Ausweisungen dänischer Staatsangehöriger aus Nord-
schleswig nicht um deswillen angeordnet, weil diese Personen sich lästig
gemacht haben, sondern nur zu dem Zwecke, um einen Druck auf die dänisch
gesinnten Dienstherrschaften auszuüben. Ist es zutreffend, daß Maßregeln
dieser und ähnlicher Art aus der Initiative des Oberpräsidenten Herrn
von Köller hervorgegangen sind, und ist die Staatsregierung geneigt, die
von dem Oberpräsidenten angeordneten Maßregeln mit ihrer Verantwortung
zu decken?
Abg. Barth (fr. Vg.): Die Ausweisungen seien ungerecht, denn die
dänische Agitation sei dem preußischen Staate ungefährlich. Die Verfolgung
der dänischen Sprache habe ungünstig gewirkt. Die Maßregeln richten sich
gegen politisch ganz unschuldige Personen. Glaubt man durch diese Aus-
weisung von Dienstboten unter den dänisch gesinnten Herrschaften Schrecken
zu erregen? Ich glaube, daß das nur dazu führen wird, die Leute zu ver-
stocken und sie von dem Anschluß an das Deutschtum abzuhalten.
Minister des Innern v. d. Recke: Nichts liegt dem deutschen Wesen
ferner, und nichts entspricht weniger preußischen Traditionen, als eine
fanatische Verfolgung fremder Nationalitäten. Man hat den Deutschen in
ihrer Gesamtheit früher sehr häufig den entgegengesetzten Vorwurf gemacht,
und man kann aus der Geschichte eine ganze Reihe von Beispielen vor-
führen, die das Gegenteil beweisen, so daß es eines Beweises hierfür durch-
aus nicht bedarf. Es hieße also von den bewährten preußischen Traditionen
abgehen, wollte man andere Bahnen wandeln. Dies jetzt zu tun, liegt
keineswegs in der Absicht der preußischen Staatsregierung. Sie ist davon
so weit jetzt entfernt, wie jemals, und sie hat auch, was die Gewährung
des Gastrechts betrifft, einen Vergleich mit keinem anderen Staate zu scheuen.
Aber, wie festgefügt der preußische Staat auch ist, er hat doch einige Grenz-
bezirke, wo sich ein Kampf gegen deutsche Sitte, deutsche Art, deutsche Arbeit
und auch gegen die Integrität des Staates vollzieht, und es muß, wenn
der preußische Staat seine Aufgabe richtig erfüllen will, hier sein ernstes
Streben sein, rechtzeitig mit Abwehrmaßregeln einzusetzen. Es handelt sich
um einen Schutz der nationalen Interessen gegen antinationale Bestrebungen.
Die weltbürgerlichen Interessen müssen hier zurücktreten gegen die Pflichten
der Selbsterhaltung und der Wahrung der staatlichen Autorität. (Zustim-
mung rechts.) So steht die Sache nun auch in Nordschleswig. Auf die
einzelnen Maßnahmen, die die preußische Verwaltung dort getroffen hat,
auf die erleichterte Naturalisation und die rücksichtsvolle Behandlung will
ich nicht näher eingehen Die dänische Agitation ist von Jahr zu
Jahr stärker geworden und hat namentlich in den letzten Jahren eine
Sprache geführt, die geradezu eine fanatische genannt werden muß. Diese
Sprache hat die deutsche Bevölkerung auf das schärfste verletzt. Typisch
ist eine Aeußerung des Redakteurs Haussen, des Verlegers des vielgenannten
„Hejmdall“. Der Abg. Haussen hat erklärt, daß er einer Vereinigung
Nordschleswigs mit Dänemark nicht entgegentreten würde, daß diese vielmehr
das Ziel seiner Agitation sei. Wenn ein Abgeordneter Nordschleswigs,
der den Eid auf die Verfassung geleistet hat, sich derartig ausspricht, dann
kann man sich die Agitation derjenigen denken, die an solche Schranken
nicht gebunden sind Die Maßregeln sollen ein Schlag ins Wasser
sein und die Unzufriedenheit vermehren Es ist erst kurze Zeit darüber