Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 26.) 29
verflossen. Die Landräte berichten, daß eine wesentliche Abnahme der Agi-
tation und damit Ruhe und Frieden eingetreten sei, wie noch nie seit der
Einverleibung Nordschleswigs in Preußen. Die Wirkung ist also eine sehr
heilsame gewesen, und wir müssen Herrn v. Köller dankbar sein, daß er
sich zu diesen Maßnahmen verstanden hat. Ich kann also namens der
Staatsregierung nur erklären, daß sie die Maßnahmen desselben voll-
kommen billigt.
Abg. Bachmann (nl.): Die dänischen Vereine erhalten die Agitation
in Fluß. Der dänische Sprachverein, dem auch die Abgg. Johannsen und
Hanssen angehören, gibt Kinderschriften heraus; einen Kalender, dessen
Tendenz schon aus dem Titelblatt ersichtlich ist; aber der Inhalt ist noch
viel bedenklicher. Ferner gibt es einen Schulverein und religiöse Gesell-
schaften, welche dem Zweck dienen, die dänische Bevölkerung von dem
Besuch der deutschen Kirchen abzuhalten durch Veranstaltung besonderer
religiöser Versammlungen. Die Agitation der dänischen Presse, namentlich
des „Hejmdall“ ist so bekannt, daß man einzelnes kaum nachzuweisen
braucht. Ebenso wie bezüglich der geistigen Interessen zeige sich bei den
Dänen auch hinsichtlich der materiellen Interessen, daß sie mit den Deutschen
nicht zusammengehen wollen.
Abg. Graf Moltke (kons.): Die deutsche Bevölkerung sei der Regie-
rung dankbar für ihre Wachsamkeit; Herr v. Köller sei der populärste
Mann in Schleswig.
Abg. Hanssen (Däne): Was mir immer vorgehalten wird, ist ein
herausgerissener Satz aus einer Rede, die ich gehalten habe, ehe ich Ab-
geordneter war. Ich bin deshalb verhaftet worden. Ich habe nicht so
genau verfolgt, wie meine Vernehmungen zu Protokoll genommen worden
sind. Ich habe die behaupteten Ausdrücke niemals gebraucht. Der
Minister des Innern und die schleswig-holsteinischen Abgeordneten sollten
dafür sorgen, daß die Beamten sich eines anständigen Tones gegen die
Dänen bedienten. Landräte haben Wähler, welche dänisch gestimmt haben,
als Meineidige, sie haben die beiden dänischen Abgeordneten als bezahlte
Agitatoren bezeichnet; die Kreisblätter sprechen davon, daß man den
dänischen Redakteuren einen Stein an den Hals binden und sie in das
Meer werfen sollte. Wie steht es mit der von Dänemark aus beeinflußten
Agitation? Es sind von 1867 bis 1890 über 51000 Nordschleswiger nach
Dänemark ausgewandert, welche dort süd jütländische Vereine zu gesellschaft-
lichen Zwecken gebildet haben, die auch die Mittel aufbringen für Freiplätze
auf den dänischen Schulen. Von Losreißungsbestrebungen ist dabei gar
nicht die Rede. Solche Beschuldigungen müssen wir mit Entrüstung zurück-
weisen. Wir haben den Wunsch, mit Dänemark wieder vereinigt zu
werden. Aber wir stehen auf dem Boden der preußischen Verfassung,
sordern aber auch unsere Rechte als preußische Männer; wir wollen unsere
dänische Sprache und Kultur aufrecht erhalten.
26. Januar. (Reichstag.) Antrag auf Gewährung eines
Zuschusses für ein Goethe-Denkmal in Straßburg.
Abg. Prinz Carolath (nl.) beantragt, den Reichskanzler zu er-
suchen, als Beihilfe zu den Kosten der Errichtung eines Goethe-Denkmals
in Straßburg (Elsaß) den Betrag von 50000 M durch Nachforderung in
einen Ergänzungshaushalt für das Rechnungsjahr 1899 einzustellen. Abg.
Schädler (Z): Es ist gefährlich, diesem Antrag gegenüber Stellung zu
nehmen, man wird mindestens zu den Philistern gerechnet werden. Allein
auf die Gefahr hin riskiere ich es. Warum soll Goethe gerade in Straßburg
ein besonderes Denkmal haben? Aus rein praktischen, nüchternen Er-