Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 27. 30.) 31
Landes zu walten und in der Bundestreue zu wetteifern mit allen Gliedern
des Deutschen Reiches.
27. Januar. Eine kaiserliche Ordre verleiht den Konsuln
und Dragomans des Reiches an Stelle ihrer bisherigen Uniform
eine neue Dienstkleidung nach dem Schnitte der Uniform der übrigen
Reichsbeamten. Diesen Beamten in den Tropen und anderen heißen
Gegenden wird das Anlegen einer besonderen, dem Klima an-
gepaßten Tropenuniform gestattet.
30. Januar. (Reichstag.) Marineetat. Wahlfreiheit der
Werftarbeiter.
Abg. Singer (Soz.) polemisiert gegen einen Erlaß der Danziger
Werftverwaltung, der die Arbeiter vor der Wahl von Sozialdemokraten
gewarnt habe. Staatssekretär Tirpitz ist der Ansicht, daß die Verwaltung
nicht in der Weise hätte bei den Wahlen hervortreten sollen. Abg. v.
Stumm (Rp.): Wir haben stets auf dem Standpunkte gestanden, daß ein
Arbeitgeber und Vorgesetzter das Recht hat, seine Ansichten bei den Wahlen
auszusprechen und seinen Einfluß auf die Untergebenen geltend zu machen.
Es handelt sich dabei um einen wohlgemeinten Rat (Heiterkeit links), der
vielleicht den Auffassungen der Wahlprüfungskommission nicht entspricht.
Keine Staatsverwaltung kann notorische Sozialdemokraten in ihren Be-
trieben halten, weder die Eisenbahnverwaltung, noch die Marineverwaltung,
noch die Kriegsverwaltung.
30. Januar. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt
über Krisengerüchte:
Seit einigen Wochen beschäftigt sich die Presse mit Gerüchten, wonach
der Herr Reichskanzler seinen Rücktritt ins Auge gefaßt haben soll. Einige
Blätter wissen sogar schon den Tag des Rücktritts anzugeben. Wir sind
zu der Erklärung ermächtigt, daß auch diesmal die Gerüchte über einen
Kanzlerwechsel völlig unbegründet sind.
Ende Januar. (Hannover.) Die „Deutsche Volkszeitung“,
das offfzielle Organ der Welfenpartei, bemerkt zu den Kabinetts-
ordres über die hannoverschen und hessischen Truppenteile:
In diesen Gnadenbezeigungen des deutschen Kaisers in seiner Eigen-
schaft als König von Preußen erblicken wir zunächst die Erkenntnis dieses
Fürsten, daß eine Armee von der Bedeutung und den Traditionen der
königlich hannoverschen sich nicht einfach, wie 1866 geschehen, wegdekretieren
läßt . . . . . Die jetzigen preußischen Regimenter hannoverschen Ersatzes
als unmittelbare Fortsetzungen der alt-hannoverschen Truppen zu denken,
ist zwar möglich, Träger der Traditionen derselben können sie innerlich
aber nur werden, wenn sie wieder königlich hannoversche Regimenter unter
ihrem angestammten Könighause sind. Wir Deutschhannoveraner
erblicken in dem Erlaß des Kaisers eine Verurteilung der Annexion als
eines politischen Fehlers, die weitere Erkenntnis als eines Unrechts wird
die folgerichtige Entwickelung dieser Auffassung sein. Ob der Erlaß von
unsern Gegnern als Schlag gegen das Welfentum aufgefaßt wird, ändert
nicht an der Tatsache, daß die Tat ein Erfolg der deutschhannoverschen
Partei ist.