Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 14.) 85
Unruhe noch an Reibungen zwischen den Vertretern der drei beteiligten
Regierungen gefehlt hat. Was unser Verhalten gegenüber diesen Verwicke-
lungen angeht, so kann ich dasselbe zusammenfassen in dem einfachen Satz:
Festhalten an der durch die Samoa-Akte gegebenen Rechtslage, so lange
diese Akte nicht durch übereinstimmenden Beschluß der unterzeichneten
Mächte modifiziert ist. (Sehr richtig!) Also Achtung der anderen auf
Grund dieser Akte zustehenden Rechte, aber auch volle und unbedingte
Aufrechterhaltung unserer eigenen deutschen Rechte. (Sehr richtigl) Im
Interesse der Ruhe auf Samoa wie im Interesse ruhiger Beziehungen
zwischen den beteiligten Regierungen würden wir es an und für sich nütz-
lich finden, wenn die nach und nach unzureichend gewordene Samoa--Akte
ersetzt werden könnte durch eine der gegenwärtigen Situation besser ent-
sprechende Neuregelung. In diesem Sinne habe ich seinerzeit im Hin-
blick auf die mannigfachen Unzuträglichkeiten, welche die Dreiherrschaft in
Samoa mit sich bringt, in der Budgetkommission gesagt, wir wären geneigt,
wie ich mich ausdrückte, in eine reinliche Scheidung zu willigen. Da sich
aber die Nachteile des gegenwärtigen Zustandes der Dinge für die beiden
anderen beteiligten Mächte ebenso fühlbar machen wie für uns, so haben
wir keine Veranlassung und empfinden auch kein Bedürfnis, in dieser
Richtung aus eigener Initiative mit besonderen Vorschlägen hervorzutreten.
Solange aber die Samoa-Akte zu Rechte besteht, muß dieselbe von allen
Beteiligten loyhal beobachtet werden, dem Buchstaben nach und dem Geiste
nach. Wortlaut und Tendenz der Samoa-Akte fordern, daß auf Samoa
nur solche endgültige Entscheidungen getroffen werden, welche auf ein-
stimmigen Beschlüssen der drei beteiligten Regierungen beruhen. Wir haben
deshalb von vornherein in London und in Washington keinen Zweifel da-
rüber gelassen, daß wir solche Veränderungen in Samoa, zu denen wir
unsere Zustimmung nicht gegeben hätten, als rechtsunverbindlich betrachten
müssen. Wir konnten nicht zugeben, daß entgegen dem zweifellosen Text
oer Samoa-Akte, im Widerspruch mit dem Vertragsrechte ohne uns oder
gar gegen uns über Samoa entschieden werde. Dieses von uns aufgestellte
und vertretene Prinzip der notwendigen Einstimmigkeit ist zuerst von
Amerika und schließlich auch von England angenommen worden. Ein
anderer leitender Gesichtspunkt für uns war, uns nicht in die Streitigkeiten
der eingeborenen Häuptlinge einzumischen. Den verschiedenen Thronkandi-
daten stehen wir an und für sich ohne parti pris gegenüber. Da aber die
provisorische Regierung des Häuptlings Mataafa von den drei Konsuln
anerkannt worden war, so mußte sie unserem Konsul als der legale status
quo so lange erscheinen, bis durch einstimmigen Beschluß der drei Mächte
eine neue Regierung eingesetzt war. Schon weil wir uns den internen
Vorgängen auf Samoa gegenüber neutral verhalten, haben wir das Ein-
greifen englischer und amerikanischer Schiffe in diese Streitigkeiten weder
mitgemacht noch gebilligt. Ueber die letzten Zusammenstöße auf Samoa
liegen bisher nur verstümmelte, lückenhafte Telegramme unseres Konsuls
und mehr oder weniger glaubwürdige Berichte ausländischer Telegraphen-
Agenturen vor, sodaß über dieselben ein abschließendes Urteil noch nicht
möglich ist. Ueber einen Konflikt zwischen dem amerikanischen Admiral
und dem Kommandanten dort von Sr. Majestät Schiff „Falke“ ist uns
nicht das Allermindeste bekannt (hört, hört! links), und ich halte in Ueber-
einstimmung mit meinem verehrten Freunde, dem Herrn Staatssekretär des
Reichs-Marineamts, einen solchen Konflikt für vollständig unbegründet.
Jedenfalls bin ich überzeugt, daß das Verhalten, daß das Ehrgefühl, der
Takt, die Selbstbeherrschung unserer Seeoffiziere eben so sehr über alles
Lob erhaben war, wie die Mannszucht der Leute. (Bravol) Was den in