Nord-Amerika. (Dezember Anfang.) 299
dieser Märkte. Wir können dabei die bestehenden Zollsätze in jedem Falle
entbehren, wo sie für Zwecke des Schutzes nicht mehr erforderlich sind,
oder wo ein Artikel in Amerika nicht produziert wird, oder wo der Zoll
nicht mehr für Einnahmezwecke nötig ist. Ein solches Verfahren wird
naturgemäß herzliche Beziehungen zu den anderen Nationen, wie sie so
wünschenswert sind, fördern. Die Verhältnisse der Handelsmarine ver-
langen ein sofortiges besserndes Vorgehen. Es ist in jeder Beziehung un-
weis- für die Vereinigten Staaten, wenn dieselben fortfahren, sich darauf
zu verlassen, daß Schiffe konkurrierender Nationen unsere Erzeugnisse ver-
teilen werden. — Es sei zu hoffen, daß die Filipinos schließlich noch reif
gemacht werden könnten für die Selbstregierung, aber der Aufstand
sei jetzt in die Hände von Banditen und Marodeuren gelangt, welche die
Behandlung als Briganten verdienten. Die Verhandlungen mit England
bezüglich des Kanals würden von beiden in dem Geiste der Freundschaft
und des Wohlwollens geführt. Was den neuen Vertrag betreffe, so sehe
derselbe insbesondere vor, daß die Vereinigten Staaten den Kanal allein
bauen und überwachen, sowie die neutrale Benützung desselben durch alle
Nationen regeln sollten unter Bedingungen der Gleichberechtigung und
ohne Bevorzugung irgend einer auswärtign Macht. Die Botschaft fährt
fort: Die Nation wünscht ernstlich aufrichtige und herzliche Freundschaft
mit allen anderen Nationen. Die Monroe-Lehre sollte ein Hauptzug der
auswärtigen Politik aller Nationen der beiden Amerika sein. Wir ver-
langen auf Grund derselben keinerlei ausschließliche Beziehungen des
Handelsverkehrs mit irgend einem anderen amerikanischen Staat und wir
leisten auch keinem Staate Gewähr gegen Bestrafung für übles Verhalten,
vorausgesetzt, daß diese Bestrafung nicht die Form einer Gebietserwerbung
durch eine nichtamerikanische Macht annimmt, und wir haben nicht den
leisesten Wunsch, irgend welches Gebiet von unseren Nachbarn für uns zu
gewinnen. Das Werk der Schaffung unserer Flotte muß stetig fortgeführt
werden, da es das einzig Mittel bietet, auf der Monroe-Lehre zu bestehen;
doch ist alles, was wir wünschen, daß wir im stande seien, unseren Rechten
die gleiche Achtung zu sichern, welche wir eifrig bedacht sind, auf die Rechte
anderer zu erstrecken. Es ist nicht nötig, das Heer zu vermehren, doch
muß ein Generalstab geschaffen werden In China vertreten die Ver-
einigten Staaten die Politik der „offenen Thür“ mit Zugang zum Landes-
innern auf den Wasserstraßen und verlangen notwendigerweise Gleichheit
der Behandlung mit allen anderen Mächten. Die Botschaft schließt mit
einem Hinweis auf die innige Trauer der Vereinigten Staaten beim Tode
der Königin Viktoria und der Kaiserin Friedrich, welche von dem eng-
lischen und dem deutschen Volke bei der Ermordung des Präsidenten Mac
Kinley herzlich erwidert worden sei.
Anfang Dezember. (Washington.) Bericht der Kanal-
kommission.
Der Bericht der Kommission für den Isthmus-Kanal befürwortet
die Wahl des Nicaragua-Kanales, dessen Kosten etwa 190 Millionen Dollars
betragen werden. Die Kosten der Panamaroute werder auf 114 Millionen
geschätzt, aber es würden für dieselbe außerdem noch 109 Millionen er-
forderlich sein, um die Konzession für den Bau dieser Strecke zu erhalten.
Der Bericht gibt zu, daß die Panamastrecke viele Vorteile biete, kommt
aber zu dem Schlusse, daß der Nicaragua-Kanal für die Union als Eigen-
tümerin besser sei. Es wird der Regierung empfohlen, einen zehn Meilen
breiten, von Meer zu Meer gehenden Streifen Landes von Nicaragua zu
erwerben. Für den Bau werden acht Jahre berechnet.