Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

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und der ungarischen Nation vollkommen an, dieselben stellten einen poli- 
tischen Begriff dar, während die verschiedenen Nationalitäten, die in Ungarn 
leben, also auch die Sachsen, keine politischen Organismen bildeten, sondern 
nur als einzelne Volksstämme in Betracht kämen. „Wenn mir jemand 
imputierte, daß ich als Mitglied des ungarischen Reichstags die Supre- 
matie der ungarischen Nation in Zweifel ziehe und dem sächsischen Volks- 
stamm denselben Rang zuerkenne, wie der gesamten ungarischen Nation, 
so wird mir etwas vorgeworfen, was ein Lehrer des ungarischen Staats- 
rechts, als der ich gewirkt, überhaupt nicht sagen konnte.“ (Allgemeine 
Zustimmung.) 
Am 25. Februar werden die sächsischen Abgeordneten vom Abg. 
Pichler abermals angegriffen, worauf Abg. Korodi antwortet: „Die 
Sachsen werden den ungarischen Reichstag meiden, wenn sie hier beleidigt 
werden.“ (Vgl. Korodi, „Preußische Jahrbücher“ Bd. 109.) 
5. Februar. (Wien.) Die Alldeutsche Vereinigung beschließt 
an der Führung des Abg. v. Schönerer festzuhalten und den Abg. 
Wolf zu bekämpfen. 
5. Februar. (Wien.) Der Thronfolger Erzherzog Franz 
Ferdinand reist als Vertreter des Kaisers zum Besuche des Zaren 
nach Petersburg. 
10. Februar. (Ungarn.) Der Redakteur der „Groß-Kikindaer 
Zeitung“, der die Magyarifierung der Volksschulen angegriffen 
hatte, wird von der Anklage wegen Aufreizung freigesprochen. Die 
von ihm behauptete Vergewaltigung der nichtmagyarischen Natio- 
nalitäten wird von den Geschworenen bestätigt. 
11. Februar. (Cisleithanien.) Der Budgetausschuß des 
Abgeordnetenhauses genehmigt das Budget und den Dispositions- 
fonds des Ministerpräsidenten. 
13. Februar. (Cisleithanien.) Abgeordnetenhaus. An- 
nahme der Rekrutenvorlage. Debatte über die Nationalitäten in 
der Armee und zweijährige Dienstzeit. 
Das Haus genehmigt die Rekrutenkontingentsvorlagen in allen 
Lesungen. Auf einige gegen die Armee gerichteten Anklagen erwidert 
Landesverteidigungsminister v. Welsersheimb: Man möge sich hüten, 
durch solche Anklagen auf die Bevölkerung, aus der die Wehrmacht hervor- 
gehe, eine Einwirkung auszuüben, welche die Erziehung der Soldaten zum 
Opfermut erschwere. Eine derartige Einwirkung auf die Bevölkerung könne 
zwar der Armee, die im allgemeinen Ansehen viel zu hoch stehe und viel 
zu fest gefügt sei, nichts anhaben, wohl aber könne sie manchen armen 
Teufel ins Unglück treiben, indem sie ihn zu Torheiten, die er schwer 
büßen müsse, verleite. Die Armee stehe keiner Bevölkerungsschicht und 
keiner Nationalität feindlich gegenüber, namentlich nicht den Vertretern 
der breiten Schichten der Bevölkerung, die dringend des Schutzes der starken 
Armee im bewaffneten Frieden bedürften. Diese Kreise täten unrecht, die 
Armee als solche anzufeinden. Die Frage der zweijährigen Dienstzeit 
müsse mit der größten Vorsicht behandelt und nicht zum Parteischlagwort 
gemacht werden. Den notwendigen Mannschaftsersatz müßte man in diesem 
 
	        
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