Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

Großbritannien. (Dezember 18. 26.) 235 
Abg. Campbell-Bannermann (lib.) bedauert, daß England mit 
Händen und Füßen an Deutschland gebunden sei, ohne die Ausdehnung 
der deutschen Forderungen zu kennen. Premierminister Balfour: Die 
Schwierigkeit der venezolanischen Frage liege in der gewalttätigen Weise, 
wie die Regierung Venezuelas gegen die Rechte britischer Seeleute und 
Schiffsreeder vorgegangen. Sie behandelte sie, wie dies keine andere Nation 
der Welt getan, und würdigte die englischen Vorstellungen kaum einer Ant- 
wort. Da habe sich die Unerträglichkeit der Lage herausgestellt, welche das 
Vorgehen erforderlich machte. Es sei zu bedauern, daß die venezolanische 
Regierung früher nicht an die Vorteile eines Schiedsspruches dachte, und 
während vieler Monate und Jahre von Streitigkeiten, jede Antwort, jeden 
Vorschlag oder Auseinandersetzung über irgend etwas, was sich ereignete, 
verweigerte, und daß es drei Ultimatums empfing, ohne sich herabzulassen, 
die geringste Notiz von unserem Vorgehen zu nehmen. Erst jetzt, wo man 
in Feindseligkeiten begriffen ist, drängt sich der venezolanischen Regierung 
plötzlich der Gedanke eines Schiedsgerichts auf. Man kann noch nicht sagen, 
ob der Gedanke gut oder schlecht ist, und sich deshalb noch nicht für oder 
gegen ihn aussprechen. Es sei nicht möglich, wie Campbell-Bannermann 
wünscht, eine Allianz mit Deutschland einzugehen unter dem Vorbehalt, 
den Bundesgenossen bei gelegener Zeit im Stich zu lassen. 
18. Dezember. Das Parlament wird geschlossen. Die Thron- 
rede spricht sich sehr befriedigt über die Erfolge des abgelaufenen 
Jahres aus. 
Dezember. Ein Teil der Presse, vornehmlich die „Times“, 
tadelt das Zusammengehen mit Deutschland, da Deutschland sich 
im Burenkriege als Feind Englands gezeigt habe. 
26. Dezember. Anderungen in der Ausbildung der Marine- 
offiziere. 
Die Admiralität veröffentlicht eine Denkschrift, in der die abgeän- 
derten Bestimmungen über den Ersatz, den Unterricht und das Verhalten 
der Marine-Offiziere und der Matrosen enthalten sind. Die Denkschrift 
besagt, daß heutigentags ein Marine-Offizier Seemann, Artillerist, In- 
genieur, Soldat und ein wissenschaftlich gebildeter Mann sein müsse. Es 
sei unerläßlich, daß die verschiedenen Kategorien der Offiziere eine voll- 
ständige Einheit besäßen. Aus diesem Grunde sei beschlossen worden, daß 
in der Folge alle Kadetten bis zum Rang eines Unterleutnants Unterricht 
erhalten sollen, also ungefähr bis zum zwanzigsten Jahre. 
 
	        
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