Frankreich. (September 20.) 245
erschienen sei. „Wir müssen alle unsere Anstrengungen darauf richten, das
Genie Frankreichs als die Quelle der Gerechtigkeit und des Lichtes intakt
zu erhalten.“
Viele Blätter wie der „Temps“ tadeln die Reden Andrés und
Pelletans als ungeschickt; die Minister hätten nicht das genügende Gefühl
ihrer Verantwortlichkeit. In Deutschland werden die Reden meist verspottet.
September. Die militärische Disziplin und das Vorgehen
gegen die Kongregationen.
Der Oberstleutnant St. Rémy weigert sich, am 9. August dem Prä-
fekten eine Truppe zur Schließung einer Nonnenschule zur Verfügung zu
stellen, weil es ihm sein Gewissen verbiete. Es wird deshalb zu einem
Tag Gefängnis verurteilt (5. Sept.). — Der Major Le-Roy-Ladurie, der
dem Befehl seines Obersten die Schließung einer Schule vorzunehmen, nicht
gehorcht, wird aus dem Heere ausgestoßen (26. Sept.).
20. September. (Marthe.) Rede des Ministerpräsidenten.
Bei einem Festmahl hält der Ministerpräsident Combes eine Rede,
in der er die Kampfesweise der Opposition tadelt. Das Kabinett habe be-
wiesen, daß es die guten Beziehungen zum Auslande erhalten wolle. In-
dessen nehmen seine politischen Gegner die geringsten Vorkommnisse zum
Vorwand, um zu versuchen, die Politik des Kabinetts zu verdächtigen, wie
sie jeden Tag seine religiöse Politik verleumden. Entschlüpft ein etwas
sensationelles Wort den Lippen eines Ministers im Feuer der Improvi-
sation, in der warmen, mitteilsamen Stimmung des Banketts — sei es
auch im Geiste dessen, der es aussprach, nur ein Wort der stilistischen Aus-
schmückung eines rednerischen Bildes —, gleich wird es für die Feinde des
Kabinetts zu einem Worte der Regierung selbst. Sie bekümmern sich nicht
einmal darum, in Erfahrung zu bringen, ob dieses Wort richtig gemeldet
und vom Redner als authentischer Ausdruck seines Gedankens anerkannt
worden ist. Als Präsident des Ministerrates protestiere ich gegen ein der-
artiges Vorgehen. Niemandem kann es unbekannt sein, daß unter dem
parlamentarischen Regime die Regierung niemals durch individuelle Er-
klärungen eines Ministers gebunden wird. Sie wird nur gebunden durch
Erklärungen des Chefs der Regierung, der allein vor den Kammern und
dem Lande für die der Politik erteilte Richtung verantwortlich ist. Jeder
Minister für sich ist nur zuständig und maßgebend für die Verwaltung
seines speziellen Ressorts. An diesem Grundsatz, der das Wesen der parla-
mentarischen Regierungsform bildet, erinnern, heißt den von den Gegnern
erhobenen Ausspruch, das ganze Ministerium auf einen Satz festzulegen,
der mehr oder weniger wahrheitswidrig durch irgend einen Berichterstatter
wiedergegeben ist, auf den wahren Wert zurückführen. In Angelegenheiten
der inneren Politik kann nur der Präsident des Ministerrates als Organ
der Regierung haftbar gemacht werden; in Angelegenheiten der äußeren
Politik hat nur der Minister des Auswärtigen die Aufgabe, im Namen
der Regierung zu sprechen und zu handeln. Hierin besteht in Wahrheit
die parlamentarische Regierungsform. Die öffentliche Meinung in Frank-
reich und im Auslande hat sich auch kaum durch die Polemik regierungs-
feindlicher Blätter beeinflussen lassen. Ich empfinde daher nicht das Be-
dürfnis, die öffentliche Meinung über die Absichten der Regierung zu be-
ruhigen, welche bleiben, wie sie an dem Tage waren, an dem sie ans Ruder
kam. Bis heute hat die Regierung noch nichts an dem Programm ge-
ändert, das in ihrer ministeriellen Erklärung vorgezeichnet ist und darin
besteht, alle Fraktionen der republikanischen Partei gegen die Dreistigkeiten