246 Frankreich. (Oktober 6.—12.)
der klerikalen Reaktion und die Anschläge der Nationalisten zu vereinen
und die demokratischen Reformen, welche seit so langer Zeit vom Lande
gefordert werden, zu verwirklichen. Dieses Programm halten wir für aus-
reichend, die fremden Mächte davon zu überzeugen, daß wir ebenso sehr
wie sie selbst es sein können, von dem Wunsche beseelt sind, mit ihnen die
aufrichtigsten und ehrlichsten Beziehungen zu unterhalten und daß wir be-
reit sind, mit ihnen in dem Bemühen zu wetteifern, unseren gegenseitigen
Interessen und Rechten entsprechend alle Zwischenfälle zu regeln, die ge-
eignet sind, den bestehenden Frieden zu stören, der zugleich das erste unserer
Bedürfnisse und der glühendste unserer Wünsche ist.
Die Rede wird meist als Verleugnung der Aeußerungen Andrés und
Pelletans aufgefaßt.
6. Oktober. (Paris.) Der Ministerpräfident spricht sich bei
einer Bankettrede scharf gegen die klerikalen Kundgebungen aus
und verheißt unbedingte Durchführung des Regierungsprogramms.
8. Oktober. (Paris.) Vertrag zwischen Frankreich und Siam.
Der abgeschlossene Vertrag enthält folgende Bestimmungen: Frank-
reich erhält die Provinzen Maluprei und Bassak und das Gebiet am Großen
See zwischen dem Proluos= und dem Prekomponkliam-Flusse. Die fran-
zösischen Truppen räumen Tschantahun. Siam erhält das Recht, Truppen
nach verschiedenen Punkten auf dem rechten Ufer des Mekong zu entsenden,
welche Siam verbleiben, doch nur ausschließlich siamesische von siamesischen
Offizieren befehligte Truppen. Ferner darf Siam in dem siamesischen Teile
des Flußbettes des Mekong Häfen, Kanäle und Eisenbahnen bauen, jedoch
nur mit siamesischem Personal und unter siamesischer Leitung. Ohne Zu-
stimmung Frankreichs darf keine Differenzialabgabe für Benutzung der
Häfen, Kanäle und Eisenbahnen im Mekong-Gebiete und ganz Siam erhoben
werden. Die im französischen Gebiete geborenen oder unter französischem
Schutze stehenden Asiaten, sowie deren Kinder können wie französische
Staatsangehörige in die Listen der französischen Gesandtschaft und der
Konsulate in Siam eingetragen werden. Bezüglich der anderen Asiaten
sollen Frankreich dieselben Rechte zustehen, welche Siam anderen Mächten
eingeräumt hat. ·
9. Oktober. (Paris.) Der französische Episkopat protestiert
in einem Briefe an die Kammer gegen die Bekämpfung der Kon-
gregationen, weil sie das Konkordat verletze und die „moralische
Einheit“ Frankreichs vernichte. — Vier Bischöfe haben die Kund-
gebung nicht unterzeichnet.
9. Oktober. (Paris.) Ein Ausschuß der Grubenarbeiter
proklamiert den Generalstreik. — In den nächsten Wochen treten
allmählich etwa ½ der Bergleute Frankreichs in den Ausstand.
12. Oktober. (Paris.) Präsident Loubet empfängt das
protestantische Konsistorium und erwidert auf die Ansprache des
Vorsitzenden:
„Ich kenne seit langer Zeit die Anhänglichkeit, welche Sie alle der
Regierung und der Republik entgegenbringen. Wir wissen, daß die Re-
publik keine festere Stütze hat als die Anhänger des reformierten Glaubens.