262 Italien. (Dezember 16. 20.)
recht würde. Ein unparteiisches, ernstlich objektives Studium werde den
vollen Wert der Ermäßigungen, den der Vertrag Oesterreich-Ungarn auf
den bestehenden allgemeinen italienischen Tarif ccherte, derart ins rechte
Licht setzen, daß man Italien den freien Eingang seiner Weinbauerzeugnisse
nicht werde verweigern können. Wenn man erwäge, daß allein in Holz
und Pferden nach Italien für etwa 60 Millionen Lire größtenteils aus
jenen Gegenden eingeführt würde, wo man am meisten gegen die italienischen
Weine schreie, komme man leicht zu der Ueberzeugung, daß auch bei dem
jetzt geltenden italienischen Generaltarif, der außerdem mit Leichtigkeit
durch einfaches königliches Dekret um 50 Prozent erhöht werden könne,
Italien zu einer auf ausgiebigen billigen Grundsätzen beruhenden Ver-
handlung gerüstet sei. Er glaube, daß der gegenwärtige italienische General-
tarif genüge, um eintretendenfalls als Grundlage der Verhandlungen über
einen neuen Vertrag mit der Schweiz zu dienen. Wenn übrigens wider
alles Erwarten die Aufstellung eines neuen Generaltarifs notwendig er-
scheinen sollte, könne er versichern, daß die zu diesem Zwecke beim Mini-
sterium für Ackerbau und Handel gebildete Kommission alle erforderlichen
Elemente zusammengebracht habe, damit der Tarif in kürzester Frist auf-
gestellt und der Volksvertretung unterbreitet werden könnte. (Lebhafte
Zustimmung auf allen Seiten.)
16. Dezember. (Kammer.) Die zur Beratung des Gesetzes
über das Familienrecht eingesetzte Kommission lehnt das Eheschei-
dungsgesetz ab.
20. Dezember. Der Kammer wird das Finanzexpossé vor-
gelegt.
Es wird darin ausgeführt, daß das Budget 1901/1902, welches
nach dem Rektifikationsgesetz einen Ueberschuß von 24 Millionen Lire hatte,
mit einem noch bedeutenderen Mehrerträgnis abschloß, das sich nach ge-
schehener Feststellung auf 32½ Millionen Lire belaufe. Die Besserung,
welche eingetreten sei, sei in der Hauptsache der sehr günstigen Entwicklung
zu verdanken, welche sämtliche Isteinnahmen hatten, aber auch den Ein-
nahmen aus den Zöllen für Malz und Tabak, den Einnahmen aus den
Posten und Telegraphen und ferner den Einnahmen aus den Eisenbahnen
und aus der Steuer aus dem beweglichen Vermögen. Die Ergebnisse des
rektifizierten Budgets für 1902/1903 ließen einen Ueberschuß von 16 Mil-
lionen Lire voraussehen, nachdem schon die Kosten für die Eisenbahnen
bestritten seien und Vorsorge für die Schuldentilgung und die Kosten der
China-Expedition getroffen worden seien. Für das Finanzjahr 1903/1904
rechne man, wenn man alle Ausgaben in Rechnung ziehe und die Ein-
nahmen unter Nichtberücksichtigung ihrer fortschreitenden Erhöhung mäßig
ansetze, auf einen Ueberschuß von etwa 4 Millionen Lire. Das Exposé
erwähnt hierauf die Besserung der Lage des Schatzes, bespricht die Lage
des im Umlauf befindlichen Goldes und weist nach, daß das durch die
Emissionsbanken in Umlauf gesetzte Gold unter dem Einfluß der Gesetze
von 1893 und 1897 in der vorgeschriebenen Form abnehme, während die
Reserve sich ständig vermehre und gegenwärtig bereits 56 Prozent des
umlaufenden Goldes betrage. Nach einem Hinweis auf die Schwankungen
der italienischen Rente im Inlande und im Auslande und das vollständige
Verschwinden des Agios wird betont, daß der hohe Kursstand der konsoli-
dierten fünfprozentigen italienischen Rente ein Beweis der Achtung sei, die
der Kredit und die Finanzlage Italiens genießen. Die nationale Spar-
samkeit fahre in erfreulicher Weise fort, die im Auslande untergebrachten