Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

Schweden und Norweten. (Februar 23.—Mai 10.) 279 
internationale Abmachung dauernd festzulegen. Auch Dänemark 
soll beteiligt werden. 
23. Februar. (Schweden.) Die verschiedenen auf natio- 
naler Grundlage stehenden Gruppen der Linken schließen sich zu 
einer „Liberalen Landesvereinigung“ zusammen, die eine Anderung 
des Wahlrechts und soziale Reformen verlangt. 
12. März. (Schweden.) Die Regierung legt einen Gesetz- 
entwurf über Ausdehnung des Stimmrechts vor. 
Hiernach soll jeder, der das 25. Lebensjahr erreicht hat und das 
kommunale Stimmrecht besitzt, auch das politische Stimmrecht haben. Aus- 
genommen sind diejenigen, welche die staatliche und kommunale Steuer in 
den letzten zwei Jahren nicht bezahlt haben, sowie Wehrpflichtige vor Ab- 
lauf ihrer Dienstzeit. Verheiratete und solche, die das 40. Lebensjahr 
überschritten haben, sollen zwei Stimmen erhalten. 
März. (Norwegen.) Debatten im Storthing über die 
Landesverteidigung. 
Mehrere Deputierte protestiren gegen die Befestigungsarbeiten im 
Südwesten, weil sie auf einer grundlosen Schwedenfurcht beruhten und 
fordern Sicherheitsmaßregeln im Nordosten gegen Rußland. Der Kriegs- 
minister verteidigt die Arbeiten im Süden, weil Christiania den strategischen 
Mittelpunkt Norwegens bilde. 
Ende April. (Schweden.) Die liberalen und sozialistischen 
Kreise finden die Wahlrechtsvorlage ungenügend und demonstrieren 
in vielen Städten für das allgemeine und gleiche Wahlrecht. In 
Stockholm nehmen am 27. April 30—40 000 Menschen an den 
Umzügen teil. 
12. April. (Torwegen.) Ministerpräsident Steen tritt 
zurück. Nach mehrwöchigen Verhandlungen wird der Staatsminister 
am schwedischen Hofe Blehr sein Nachfolger; Staatsminister in 
Stockholm wird Sigurd Ibsen. 
10. Mai. (Schweden.) Debatte über den Neutralitätsantrag. 
Die zweite Kammer lehnt den Antrag Hedin ab. Der Minister 
des Auswärtigen Lagerheim bekämpft in der Diskussion die Behauptung 
Hedins, daß ein geheimes schwedisch-deutsches Bündnis existiere. Er führt 
aus, daß die auf unabhängigen Sympathien fußende Freundschaft zwischen 
Schweden-Norwegen und dem Deutschen Reiche weder jetzt noch in früheren 
Zeitläuften durch irgendwelche vertragsmäßigen Abmachungen den Charakter 
eines völkerrechtlich diskutierbaren Bündnisses erhalten habe. Ein der- 
artiger formeller Zusammenschluß dürfte auf deutscher Scite, soweit er die 
Stimmung an den betreffenden Stellen zu beurteilen vermöge, auch nicht 
einmal für erstrebenswert gehalten werden. Jedenfalls habe er während 
seiner diplomatischen Tätigkeit an deutschen Höfen stets den Eindruck 
empfangen, als ob man dem Thema einer skandinavisch-deutschen Koalition 
ernste Beachtung kaum zuwende. Diesen Sachverhatt kenne man auch in 
St. Petersburg sehr genau und es erscheine daher völlig unerfindlich, wie
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.