Kußland. (Dezember 21.—Ende.) 295
Brown, den Chef der Zollverwaltung, angeht, so befindet er sich auf Grund
eines Kontraktes in koreanischem Dienste, dessen Frist nach Tilgung der
Korea-Anleihe in Japan abläuft. Die Mitteilungen Tolstois über die Lage
in Mittelasien sind ebenso wenig richtig; England okkupierte den Südosten
Persiens nicht; und wenn es einige Versuche machte, die persische Grenze
zu überschreiten, so sind diese Versuche durch das Einschreiten Rußlands
rechtzeitig abgewiesen worden. In der letzten Zeit fanden im Reiche des
Schahs keinerlei Grenzverschiebungen statt. Die Beziehungen Rußlands zu
Persien verbessern sich andauernd; es ist kein Grund zu ersehen, warum
sie sich verschlechtern sollten. Die Grenzregulierung mit Asghanistan fand
bereits vor dem Burenkriege statt. Wenn Rußland 1895 die Abtretung
eines Gebietsteiles zwischen dem Oberlauf des Amudarja und Indien zu-
ließ, so verpflichtete es andererseits England, dieses Gebiet sich nicht ein-
zuverleiben. Was sodann Rußlands Beziehungen zu Asghanistan betrifft,
so ist es notwendig, zu erklären, daß Rußland sich mit keinem Ersuchen
an das englische Kabinett wandte, sondern ihm einfach seinen Entschluß
bekannt gab, mit Afghanistan zukünftig in direkte Beziehungen treten zu
wollen. Weitere Erklärungen hierüber sind nicht erfolgt. Tolstoi bespricht
zum Schluß das passive Verhalten Rußlands gegenüber der deutschen
Bagdad-Bahnkonzession; aber die bekannte Erklärung des Finanzministeriums
beweist mehr als alles andere. welche Aufmerksamkeit die russische Regierung
der Entwicklung dieser Frage widmete.
21. Dezember. Nach einer Erklärung des „Regierungsboten“
find zur Bekämpfung der Mißernten in 10 Gouvernements Ruß-
lands und in einigen Distrikten Sibiriens 6 663000 Rubel aus-
gegeben worden.
22. Dezember. (Petersburg.) Abreise des Ministers des
Auswärtigen Graf Lambsdorff nach Belgrad, Sofia und Wien.
Die „Now. Wremja“ schreibt dazu: Die Reise Lambsdorffs bezwecke
außer der Feststellung der Ursachen, welche die Bevölkerung Mazedoniens
zur Flucht nach Bulgarien veranlassen, den bulgarischen leitenden Kreisen
zu erklären, die russische Regierung wünsche den Frieden in Mazedonien
und erachte daher die herausfordernde Tätigkeit des Komitees gegenüber
der Türkei, die berechtigt sei, den Aufstand in ihrem Lande niederzuwerfen,
für höchst unpassend und für Bulgarien gefahrvoll.
Ende Dezember. (Petersburg.) Eine russische Gesandt-
schaft reist nach Abessinien.