Nord-Ineriks. (Juni 20.— September 1.) 313
aus Kuba erfolgen. Den wirklichen Vorteil aus dieser Herabsetzung der
Zölle sollten aber die kubanischen Produzenten, nicht die amerikanischen
Zuckerraffinerien haben. Der Präsident rät ab, auf die Prämie in Form
eines Rabatts zurückzugreifen.
20. Juni. (Senat.) Beschluß über die Kanalfrage.
Der Senat genehmigt mit 67 gegen 6 Stimmen einen Antrag, daß
der Präsident durch richterliche Beamte mitteilen lassen soll, ob kein Besitz-
titel über das Grundeigentum der Panamagesellschaft, ihre Rechte und die
ihr gehörigen Konzessionen zu beschaffen ist. Wenn sich befriedigend nach-
weisen läßt, daß ein solcher Besitztitel beschafft werden kann, soll der Prä-
sident diesen für vierzig Millionen Dollars erwerben. Ist man aber der
Ansicht, daß ein Besitztitel nicht beschaffbar ist, soll der Präsident zum Bau
des Nicaraguakanals schreiten. Um das erforderliche Geld für die Kanal-
bauten aufzubringen, sollen zweiprozentige Goldbonds im Betrage von
138000000 Dollars ausgegeben werden. — Das Repräsentantenhaus faßt
denselben Beschluß am 26. Juni.
3. Juli. (New-York.) Die Handelskammer fordert den
Präfidenten Roosevelt auf, in dem pennsylvanischen Streik zu inter-
venieren. Roosevelt lehnt ab. — Im Streikgebiet kommt es zu
vielen blutigen Zusammenstößen zwischen Arbeitern und Polizei.
17. Juli. (Philippinen.) Das Kriegsgericht in Manila
verurteilt den General Smith wegen seiner grausamen Kriegfüh-
rung zu einer Verwarnung. Präsident Roosevelt pensioniert ihn.
1. September. (Proctor in Vermont.) Präsident Roosevelt
hält eine Rede über die Monroe-Doktrin.
Er sagt darin: „Wir glauben an die Monroedoktrin nicht etwa in
dem Sinne, als wäre sie für uns ein Angriffsmittel; sie bedeutet also
nicht, daß wir gegen irgend eine Macht uns aggressiv verhalten wollen;
sie bedeutet vielmehr nur, daß wir als die größte Macht dieses (des ame-
rikanischen) Kontinents dem zuerst unter der Präsidentschaft Monroes auf-
gestellten Grundsatze treu bleiben, daß dieser Kontinent von keiner euro-
päischen Macht, welche es auch sei, als Gegenstand der politischen Koloni-
sation betrachtet werden darf. Das ist eine Doktrin des Friedens, eine
Doktrin, dazu bestimmt, auf diesem Kontinent den Vereinigten Staaten
die Möglichkeit zu sichern, sich in Frieden auf ihren eigenen Wegen zu
entwickeln. Die Doktrin wird so lange respektiert werden, als wir eine
starke Marine haben, gewiß nicht viel länger. Im Privatleben ist der-
jenige, der versichert, er wolle etwas tun, was er hinterher dann doch nicht
voll vertritt, immer ein verächtliches Geschöpf, und so wäre auch das letzte,
was wir uns als Nation gestatten dürften, der Versuch, eine Position ein-
zunehmen, die wir nicht zu behaupten beabsichtigen. Prahlerei und Ruhm-
redigkeit sind im Privatleben fast immer Zeichen eines schwachen Mannes.
Eine Nation, die stark ist, hat es nicht nötig, ihre Staatsmänner ihret-
halben prahlen zu lassen. Am allerwenigsten kann eine Nation, die Selbst-
achtung besitzt, wünschen, daß ihre staatlichen Vertreter irgend einer anderen
Macht zu nahetreten, sie bedrohen oder insultieren. Unsere Haltung gegen
alle Mächte muß von der gleichen würdevollen Höflichkeit und Achtung
sein, die wir von anderen uns selbst gegenüber beobachtet wissen wollen.
In Erwiderung einer solchen Haltung müssen sie willens sein, uns die-