26 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 27. 28.)
anderen zu Ehren zu bringen. Möge den Truppenteilen hieraus ein neuer
Ansporn erwachsen zur Pflege des Geistes, der allein im Heere groß und
siegreich macht.
Das „Armeeverordnungsblatt“ veröffentlicht die einzelnen Neu-
benennungen.
27. Januar. (Berlin.) Der Kaiser schenkt der Stadt Rom
eine Goethe-Statue. Depeschenwechsel.
Der Kaiser richtet folgende Depesche an den Bürgermeister von Rom:
An Meinem Geburtstage gedenke Ich dankbar der gastlichen Aufnahme,
die Ich so oft in Italien, insbesondere in Rom, gefunden habe. Als Aus-
druck Meiner Empfindung wolle Ihre Munizipalität von Mir ein Denk-
mal des Deutschen entgegennehmen, der unser Volk immer auf Italien
hingewiesen und damit dem deutschen Idealismus neue hohe Ziele gesteckt
hat. Wie kein anderer fühlte Goethe den Zauber der herrlichen Stadt
und wußte denselben in unvergänglichen Worten und Werken der Dicht-
kunst festzulegen. Möge der junge Goethe in dem ewigen Roma ebenso
gastliche Aufnahme jetzt im Marmorbilde wie einst im Leben finden.
Möge sein Standbild unter dem blauen Himmel des von ihm besungenen
Landes, wo hoch der Lorbeer steht, ein dauerndes Wahrzeichen der auf-
richtigen herzlichen Sympathien bilden, die Mich und Deutschland mit dem
schönen Italien verbinden. — Der Bürgermeister dankt in einem Tele-
gramm, worin es heißt: Im Einklang mit dem Gedanken Ew. Majestät
wird das Bildnis Goethes in diesem unseren Rom, das er so besonders
liebte, immerdar ein Unterpfand der beständigen, unverbrüchlichen Freund-
schaft sein, welche beide Völker verbindet.
27. Januar. Der „Reichs-Anzeiger“ veröffentlicht eine Ver-
ordnung des Bundesrats über die Arbeitsdauer der Lehrlinge und
Gehilfen in Gast- und Schankwirtschaften. Sie tritt am 1. April
in Kraft.
28. Januar. (Reichstagswahl.) Im Wahlkreise Döbeln-
Roßwein (Sachsen) wird Grünberg (Soz.) mit 11714 Stimmen
gewählt gegen Vogel (nl.) mit 5924 und Sachße (kons.) mit 5213
Stimmen. — Der Wahlkreis war bisher nationalliberal vertreten.
28. Januar. (Reichstag.) Interpellation über das Je-
suitengesetz. Erklärung.
Abg. Spahn (Z.) befragt die Regierung über ihre Stellung zu
der vom Reichstage beantragten Aufhebung des Jesuitengesetzes. Die
Jesuiten brächten fortwährend große Opfer für das Vaterland im Aus-
lande, ohne sich durch den Undank, der ihnen zu teil werde, beirren zu
lassen. Auch wissenschaftlich leisteten sie hervorragendes, es sei daher eine
Ehren- und Dankespflicht, die Verbannung aufzuheben. Staatssekretär
Graf Posadowsky verliest folgende Erklärung: Die Anträge, welche
Gegenstand der vorliegenden Interpellation sind, unterliegen der eingehen-
den Prüfung der einzelstaatlichen Regierungen. Von katholischer Seite ist
wiederholt darauf hingewiesen worden, daß die Tätigkeit der Prediger-
orden, insbesondere des Jesuitenordens, zur Ergänzung und Unterstützung
der geordneten parochialen Seelsorge in gewissen Fällen und in gewissen
Landesteilen nicht entbehrt werden könne, daß in der aushilfsweisen Tätig-
keit jener Predigerorden vielmehr eine notwendige Forderung für die Be-