Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 30. — Febr. 1.) 29 
der Bewilligung ihre Probefahrten beendigt haben und dienstbereit sind. 
Bei Aufstellung des Indiensthaltungsplanes ersuche ich im besonderen fol- 
gendes zu erwägen: A. Auslandsschiffe. Wir werden bis zum Jahre 1910, 
also für acht Jahre, mit einer erheblichen Steigerung der Auslands- In- 
diensthaltungen rechnen müssen. (Folgt ein Tableau und unter B. ein 
Verzeichnis der heimischen Schlachtflotte.) Der Staatssekretär des Reichs- 
marineamts, gez. v. Tirpitz. 
Die sozialdemokratischen Zeitungen und die agrarische „Deutsche 
Tageszeitung“ behaupten auf Grund dieses Erlasses, daß der Reichstag 
im Jahre 1900 vom Staatssekretär getäuscht worden sei, weil nach dem 
Erlaß eine neue Marinevorlage früher als damals angenommen zu er- 
warten sei. Auch die „Kölnische Volkszeitung“ spricht von „Hinterhaltig- 
keit, die stark nach absichtlicher Täuschung des Reichstags aussieht". 
30. Januar. Das Preußische Abgeordnetenhaus verweist 
 einen Antrag der Konservativen auf Umgestaltung der General-- 
kommissionen an eine Kommission. Landwirtschaftsminister v. Pod- 
bielski spricht sich entgegenkommend aus. 
30. Januar. Der Reichstag verweist die Novelle zum 
Branntweinsteuergesetz an eine Kommission. 
31. Januar. Der Reichstag genehmigt einen Antrag Pach- 
nicke (fr. Vg.) auf Einsetzung einer Kommission zur Prüfung der 
Frage der Arbeitslosenversicherung. 
1. Februar. Das Preußische Abgeordnetenhaus verweist 
 den Gesetzentwurf gegen die Verunstaltung landschaftlich her- 
vorragender Gegenden durch Reklame an eine Kommission. 
1. Februar. (Preußen.) Die Minister der Justiz und des 
Unterrichts erlassen folgende Bestimmungen über die Zulassung zum 
juristischen Studium (vgl. S. 22): 
1. Die geeignetste Anstalt zur Vorbildung für den juristischen Beruf 
ist das humanistische Gymnasium. 2. Zu dem Rechtsstudium werden außer 
den Studierenden, welche das Zeugnis der Reife von einem deutschen 
humanistischen Gymnasium besitzen, auch solche Studierende zugelassen, 
welche das Zeugnis der Reife von einem deutschen Realgymnasium oder 
von einer preußischen Ober-Realschule besitzen. 3. Den Studierenden der 
beiden letzteren Kategorien sowie denjenigen Gymnasialabiturienten, deren 
Reifezeugnis im Lateinischen nicht mindestens das Prädikat „genügend“ 
aufweist, bleibt es bei eigener Verantwortung überlassen, sich die für ein 
gründliches Verständnis der Quellen des römischen Rechts erforderlichen 
sprachlichen und sachlichen Vorkenntnisse anderweit anzuzeigen. 4. Bei der 
Einrichtung des juristischen Studiums und der ersten juristischen Prüfung 
wird Vorkehrung getroffen werden, daß die zu 3 bezeichneten Studierenden 
sich über die dort gedachten Vorkenntnisse auszuweisen haben. 
1. Februar. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Debatte 
über Viehseuchen. Einschleppung aus Osterreich durch Bayern. 
Abg. Ring (kons.): Der Berliner Viehhof werde mit Vieh aus Süd- 
deutschland überflutet, das aus Oesterreich stamme und die deutsche Vieh- 
zucht durch Seuchen bedrohe. Landwirtschaftsminister v. Podbielski:
	        
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