Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 13. —15.) 39
Regierung auf die spanische Note vom 10. April lenken und erklären könnten,
daß eine bewaffnete Intervention ihnen nicht gerechtfertigt erscheine. Diese
Erklärung könnte die Form einer von den Mächten an die Vertreter der
Vereinigten Staaten von Amerika gerichteten Kollektivnote annehmen. Eine
solche würde einen größeren Eindruck machen und die hiesigen Vertreter
würden dann nicht dem Anschein ausgesetzt sein, als wollten sie lediglich
ihren ersten Schritt wiederholen, den der Präsident in seiner neuesten Bot-
schaft nicht einmal einer Erwähnung gewürdigt hat. Falls eine identische
Note beschlossen werden sollte, würde es sich empfehlen, dieselbe sofort zu
veröffentlichen, damit die zivilisierte Welt, deren Autorität man anruft,
von dem Vorwurf entlastet werde, als billigte sie diesen Angriff.“
v. Holleben bemerkt hiezu: „Ich persönlich stehe einer solchen Kund-
gebung ziemlich kühl gegenüber.“ — Der Kaiser machte zu diesem Schluß-
satz des Botschafters folgende Randbemerkung:
„Ich halte sie für gänzlich verfehlt, zwecklos und daher schädlich.
Ich bin gegen diesen Schritt!“
Herr v. Holleben reichte nachträglich auch den Originaltext des von
dem englischen Vertreter an die übrigen Vertreter vorgelegten Entwurfs
der Kollektivnote ein, auf welchen in dem vorstehenden Telegramm Bezug
genommen wird:
„Die Stellungnahme des Kongresses und die Entschließung des
Repräsentantenhauses, die mit großer Mehrheit gestern angenommen worden
ist, lassen nur geringe Hoffnung auf Frieden, und man glaubt allgemein,
daß die kriegerischen Maßregln, die getroffen wurden, die Billigung der
Großmächte haben. Die Note des spanischen Gesandten, die mir am Sonn-
tag überbracht wurde, scheint mir und meinen Kollegen jeglichen legitimen
Grund zum Krieg zu beseitigen. Wenn diese Ansicht von den Großmächten
geteilt werden sollte, so ist die Zeit gekommen, den Irrtum zu zerstreuen,
der jetzt vorherrscht, als ob die bewaffnete Intervention der Vereinigten
Staaten in Kuba die Unterstützung und die Billigung der zivilisierten Welt
fände. Die auswärtigen Vertreter bestreben sich, dies durch eine Kollektiv-
note, die von den Großmächten ausgeht, zum Ausdruck zu bringen, in der
Hoffnung, daß die Regierung der Vereinigten Staaten ihre Aufmerksamkeit
auf die Note des spanischen Ministers vom 10. Februar lenken werde, in
der eine verständige Grundlage geboten wird zu einer freundschaftlichen
Lösung unter Beiseiteschaffung aller Gründe zu einer feindlichen Inter-
vention, die vorher bestanden haben können.“
(Vgl. „Staats-Archiv“ Bd. 66.)
13. Februar. (Preußen.) Dem Landtage geht eine Vorlage
zu über den Bau einer Hauptbahn und von 18 Nebenbahnen
und Kleinbahnen. Es werden 128 286 330 Mark dazu gefordert.
14. Februar. (Reichstag.) Der Vorsitzende der Zolltarif-
kommission, Abg. v. Kardorff (RP.), legt den Vorsitz nieder, weil
die Mehrheit seine Geschäftsführung nicht billigt. Sein Nachfolger
wird Abg. Rettich (konf.).
15. Februar. (Bremerhaven.) Prinz Heinrich reist an
Bord des Lloyddampfers „Kronprinz Wilhelm“ nach New-York.
15. Februar. (Preußen.) Dem Landtage geht eine Forderung
von 58 Millionen Mark zu zur Erwerbung von Bergwerken.