70 Das Dentsche Reithh und seine einzelnen Slieder. (Mai 1.)
und nicht in den groben Fehler und die Gewissenlofigkeit verfallen
werde, einen einzelnen Produktionszweig über die Maßen zu bevor-
zugen.
1. Mai. (Düsseldorf.) Eröffnung der rheinisch-westfälischen
Gewerbeausstellung in Gegenwart des Kronprinzen und des Reichs-
kanzlers.
1.|5. Mai. (Reichstag.) Zweite Beratung des Toleranz-
antrages. (Vgl. 1901 S. 94.)
Zu § 1 des Kommissionsbeschlusses beantragt Abg. Dr. Hieber
enl.) folgenden Zusatz: Der Erlaß von Gesetzen zur Ausführung des vor-
stehenden Grundsatzes ist bis zum Erlaß eines Reichsgesetzes über Vereins-
und Versammlungsrecht Sache der Einzelstaaten.
Abg. Sattler (nl.): Der Antrag wolle bestimmen, daß die Kon-
sequenzen des im § 1 ausgesprochenen Grundsatzes auf dem Gebiete des
Vereins= und Versammlungsrechtes besonders gesetzlich geregelt werden.
Abg. v. Stockmann (N.) ist gegen den § 1, weil er einen Ein-
griff in die Landesgesetzgebungen bedeute. Die Toleranz stehe überdies in
striktem Widerspruch zum Wesen der katholischen Kirche, wie aus Aeuße-
rungen päpstlicher Bullen und katholischer Schriftsteller hervorgehe. Abg.
Bachem (3.): Der Vorredner verwechsle staatsbürgerliche und dogmatisch-
religiöse Toleranz. Abg. Richter (fr. Vp.): Seine Partei sei für den § 1,
der eine alte liberale Forderung verwirkliche. Der Antrag Hieber ver-
nichte den Kern des § 1 und sei deshalb schädlich. Abg. Oertel (kons.):
Die Konservativen würden in der Mehrzahl für § 1 stimmen. — Hierauf
wird § 1 mit folgendem Zusatzantrag Gröber-(Z.) -Oertel angenommen:
Unberührt bleiben die allgemeinen polizeilichen Vorschriften der Landes-
gesetze über das Vereins= und Versammlungswesen.
Am 3. Mai wird lebhaft über die religiöse Erziehung der Kinder
(§ 2) debattiert. Ein Antrag Oertel (kons.) will in erster Linie die Ver-
einbarung der Eltern, in zweiter die landesrechtlichen Vorschriften für die
religiöse Erziehung eines Kindes in einem bestimmten Bekenntnis maß-
gebend sein lassen. Abg. Schrader (fr. Vg.) beantragt, daß die Rechts-
einheit zu wahren und die Vereinbarung der Eltern auszuschalten sei.
Abg. Graf Bernstorff (RP.) wünscht für die religiöse Erziehung der
Kinder aus gemischten Ehen ein besonderes Gesetz. — Die Anträge werden
abgelehnt und die Kommissionsbeschlüsse angenommen. — Am 5. Mai wird
der Rest der Kommissionsbeschlüsse angenommen.
1. Mai. (Preußen.) Eine königliche Kabinettsordre ge-
stattet den Abiturienten der Oberrealschulen die Offizierslaufbahn.
1. Mai. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Debatte über
die Bekämpfung der Trunksucht.
Abg. Graf Douglas (fr.kons.) stellt folgenden Antrag: Das Haus
der Abgeordneten wolle beschließen, die königliche Staatsregierung aufzu-
fordern, 1. nach dem Vorgange der Gesetzgebung der süddeutschen Bundes-
staaten und in Verallgemeinerung bestehender Polizeiverordnungen den
Entwurf eines Gesetzes zur Verhütung der schädlichen Folgen des Brannt-
weingenusses vorzulegen, durch welches insbesondere Gast= und Schenkwirten,
sowie Kleinhändlern untersagt wird, Branntwein zu verabreichen a) in
anderem als reinem, von Fuselöl und sonstigen gesundheitsschädlichen Stoffen