116 Das Denisthe Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli Mitte. 16.)
Stimmenmehrheit gefaßt; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des
Wahlvorstehers (Wahlkommissars).
Mitte Juli. Seit dem 12. Juli wird Schlesien, insbesondere
das Gebiet der Oder und Neiße, durch Wolkenbrüche und Hoch-
wasser heimgesucht. (Vgl. unten.)
Mitte Juli. (Sachsen.) Das amtliche „Dresdener Jour-
nal“ veröffentlicht folgende Bekanntmachung über die Reform des
Landtagswahlrechts und die Berufung einer Abgeordnetenkonferenz
hierüber:
„Die Regierung hat die Frage, in welcher Weise die Zweite Kammer
der Ständeversammlung zusammenzusetzen sei, zu keiner Zeit als durch das
Gesetz vom 28. März 1896 endgültig und auf immer entschieden angesehen.
Sie hat dies noch auf dem letzten Landtage, als aus der Mitte der Zweiten
Kammer Stimmen laut wurden, die einer Reform des Landtagswahlrechts
das Wort redeten, durch den Mund des Ministers des Innern erklärt,
der sich hierbei dahin aussprach, daß sie es „für absehbare Zeit als un-
erläßlich anerkenne, am Wahlgesetze Aenderungen eintreten zu lassen“, und
asie empfehle jedermann, der daran Interesse hat, mitzuwirken, mitzu-
arbeiten, mitzudenken, damit sie seinerzeit in der Lage sei, wenn wir an
diese schwierige Frage herantreten, von allen beteiligten Seiten, auf deren
Urteil sie einen besonderen Wert lege, auch die nötigen Unterstützungen
und Ratschläge zu finden“. Um die Bedenken, die sowohl ihr selbst gegen
das bestehende Wahlrecht beigingen, als auch von verschiedenen Seiten ihr
entgegengebracht wurden, auf ihre innere Berechtigung zu prüfen, hat das
Ministerium des Innern unmittelbar nach dem Schlusse des letzten Land-
tages Ermittlungen veranstaltet, insbesondere über das Verhältnis, in dem
die Anzahl der zur dritten Wählerklasse Gehörigen, sowie die Summe
ihrer Steuerleistungen zu der Anzahl und den Leistungen der in den beiden
anderen Klassen Befindlichen steht. Diese Ermittlungen waren bereits im
April des laufenden Jahres wenigstens so weit abgeschlossen, daß sie als
Grundlage für weitere Arbeiten gelten können. Das Ergebnis bestärkte
die Regierung in der Ansicht, daß das Gesetz vom 28. März 1896 die
nicht beabsichtigte Wirkung gehabt hat, den Einfluß der in der dritten
Wählerklasse gewählten Wahlmänner auf die Wahl der Abgeordneten auf
ein den Grundsätzen der Gerechtigkeit nicht entsprechendes Maß herabzu-
drücken. Die Regierung hat hieraus Anlaß nehmen müssen, die Reform
des Landtagswahlrechts ernstlich ins Auge zu fassen. Auf welchem Wege
diese Reform in die Wege zu leiten sei, ist zur Zeit noch Gegenstand der
Erwägung. Im Hinblick auf die außerordentliche Schwierigkeit der Auf-
gabe gedenkt sich die Regierung des Beirates einer etwa für Ende August
oder Anfang September zusammenzurufenden Versammlung zu bedienen,
in der namentlich auf dem fraglichen Gebiete besonders erfahrene Mit-
glieder beider Ständekammern ihren Platz finden sollen. Die Vorarbeiten
werden bis dahin so weit gefördert werden, daß der Versammlung nicht
nur das schon zusammengebrachte und weiter zu vervollständigende Ma-
terial mitgeteilt, sondern auch formulierte Vorschläge unterbreitet werden
können.“
Die Vertreter der konservativen und nationalliberalen Partei sprechen
sich reserviert gegen die Konferenz aus.
16. Juli. (Württemberg.) Die Zweite Kammer genehmigt