Das Betsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 16.—23.) 117
gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und eines ritterschaft-
lichen Abgeordneten die Steuerreform. (Annahme in der Ersten
Kammer 17. Juli.)
Der wichtigste Teil ist die Reform der Einkommensteuer. Das
steuerfreie Jahreseinkommen ist auf 500 JX angesetzt, aber Steuerpflichtige
unter 2000 4áf Einkommen, die verheiratet sind und ein oder zwei Kinder
unter 15 Jahren haben, erhalten eine Ermäßigung um eine Steuerstufe;
besitzen sie drei oder mehr Kinder, so tritt eine Ermäßigung um zwei
Stufen ein, wodurch das steuerfreie Einkommen für die meisten Arbeiter-
familien sich auf 800 M erhöht; Verheiratete mit 2000—3000 „X Jahres-
einkommen und drei oder mehr Kindern kommen ebenfalls in eine Steuer-
stufe niedriger. Ferner können Steuerpflichtige bis zu 5000 „X Jahres-
einkommen mit die „Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigenden Ver-
hältnissen“ (außergewöhnliche Belastung durch Erziehung der Kinder, Ali-
mentation mittelloser Angehöriger, Erfüllung der Militärpflicht, andauernde
Krankheit, besondere Unglücksfälle u. s. w.) eine Ermäßigung um insgesamt
drei Stufen erhalten. Steuerstufen: 500—650 4 sind mit 2 4 belastet,
650—800 X mit 3 J(, 800—950 mit 4.-4# 950—1100 A mit 5.4,
1100—1250 4+ mit 7//, 1250—1400 4X mit 9 .4, bei 2000 / wird
1 Prozent als Steuer erhoben, bei 4000 "f2 Prozent, bei 7000 A. 3 Pro-
zent, bei 10000 4 3,4 Prozent, bei 20000 4¾ 3,9 Prozent und bei 30000 =
4 Prozent; bei 60000 A 4,25 Prozent, bei 100000 4 4,5 Prozent, der
Höchstsatz mit 5 Prozent wird bei 200000 ¾ erreicht. Steuerfrei sind die
Einkommen der kirchlichen Fonds, der Pensionsanstalten der Beamten und
Angestellten, das Kapitaleinkommen der Krankenkassen, Berufsgenossen-
schaften und Versicherungsanstalten, das der Unterrichts- und Erziehungs-
anstalten sowie der Stiftungen und Anstalten und Vereine für milde Zwecke
(Spitäler) und die Zinsen aus Sparkasseneinlagen. Abzugsberechtigt sind
die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens verwen-
deten Ausgaben (Verwaltungs-, Betriebsausgaben, Geschäftsunkosten, auch
Unterhalt und Lohn für Familienangehörige mit Ausnahme der Ehefrau),
Prämien für Haftpflichtversicherung, die jährlichen Abschreibungen, die
staatlichen Steuern ohne die Einkommensteuer selbst, die Schuldenzinsen
(bringt allein der Landwirtschaft eine Entlastung der Steuern um 20 Mill.
Mark) und die Beiträge zu Kranken-, Unfall-, Invalidenversicherungs--,
Witwen-, Waisen= und Pensionskassen.
Zur Durchsetzung des Gesetzes war ein Kompromiß zwischen Erster
und Zweiter Kammer ’s Die Erste Kammer genehmigte die
Erhöhung der Steuersätze gegen die Konzession, daß eine einseitige Er-
höhung der Einkommensteuer über diesen Einheitssatz hinaus nicht ohne
ihre Zustimmung erfolgen kann, also nicht mehr im Etatsgesetz, sondern
im Wege der ordentlichen Gesetzgebung. Mit der Reform der Staats-
steuer ist eine Reform der Gemeindesteuern verbunden. Danach wird die
kommunale Einkommensteuer bei 4 Prozent Vorausbelastung der Kataster
erhoben; der Höchstbetrag ist 50 Prozent der staatlichen Einkommensteuer.
Außerdem ist eine Bauplatzsteuer und eine Warenhaussteuer für die Kom-
munen beschlossen worden.
16.—23. Juli. (Berlin.) Tagung einer internationalen
Währungskonferenz.
Die Konferenz hat zum Zweck die Herbeiführung eines festen Wert-
verhältnisses zwischen dem Gelde der Silberwährungsländer und der Gold-
währungsländer. Es beteiligen sich außer deutschen Kommissaren ameri-