126 Nas NVeuische Reich und seine einzelnen Glieder. (August 27./28.)
ist das beklagenswerte Mißgeschick unseres Vaterlandes und unseres Volkes
Aber sie ist eine Tatsache, die Gott zugelassen hat, die wir einstweilen
nicht ändern können. Aber wehe dem, der dieses Vißgeschia ausbeuten
und der die Kluft, die mitten durch das Herz unseres Volkes geht, zu einer
noch mehr klaffenden machen wollte! Wer das tut, der ist ein Verräter
am Vaterland. Ich stelle fest, daß eine solche Handlungsweise den General-
versammlungen der Katholiken in Deutschland fern liegt. Auch in Köln
ist kein für unsere im Glauben von uns getrennten deutschen Brüder ver-
letzendes Wort gefallen. So ist es recht. Wir müssen uns gegenseitig
schonen, gegenseitig achten, gegenseitig lieben; wir müssen für einander
beten, ja beten, meine Herren, für die geistige Einheit Deutschlands, des
ganzen, weiten deutschen Vaterlandes. Die Zeiten sind schwer und ernst.
Der Geist des Umsturzes arbeitet an der Zerstörung von Thron und Altar
und nagt an dem Lebensmark unseres Volkes. Da sollten alle, die noch
fest stehen im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus als den mensch-
gewordenen Gottessohn und den Erlöser der Menschen, alle gläubigen
Christen im deutschen Vaterland, statt sich zu befeinden und gegenseitig
zu verletzen, gemeinsam Schulter an Schulter kämpfen für das gemeinsame,
christliche Erbgut.
27.|28. August. (Kassel.) Der Kaiser besucht Kassel aus
Anlaß der Manöver. Trinksprüche auf das Armeekorps und den
Oberpräsidenten Grafen Zedlitz.
Am 27. August bringt der Kaiser folgenden Trinkspruch aus: Mein
Glas gilt dem Wohle des XI. Armeekorps, zusammengesetzt aus den thürin-
gischen und den kurhessischen Regimentern. Es liegt Mir am Herzen, dem
Armeekorps Meinen Glückwunsch auszusprechen, daß es seine Wurzeln
wieder weit hinausgetragen hat in die Anfänge der alten Geschichte der
landgräflichen kurhessischen Regimenter. Mein Wunsch für das Armeekorps
geht dahin, daß es sich stets im Frieden, wie im Kriege der hervorragen-
den Geschichte dieser Regimenter erinnern möge und daß es sich auch der
neuen Ehrung würdig zeigen möge, daß Ich ihm gestattet habe, seine
Traditionen zurückführen zu können auf die glorreichen und tapferen
Streiter der früheren kurhessischen Truppen. Mein Glas gilt dem Wohl,
Gedeihen und Blühen des XI. Armeekorps. Hurra! Hurra! Hurra!
Am folgenden Tage hält der Kaiser auf einem Festmahl für die
Provinz folgende Rede: Indem Ich Mein Glas auf das Wohl der Pro-
vinz erhebe, spreche Ich Meine Freude aus, so viele der Kurhessen und
Nassauer um Mich versammelt zu sehen, und heiße die Herren alle herz-
lich bei Mir willkommen. Es ist Mir stets eine Freude, wenn Ich Mich
in dem, eine Weile für Mich zur zweiten Heimat gewordenen Kassel auf-
halten und Mich daran erfreuen kann, daß die alten Beziehungen der
Kasselaner zu Mir in herzlicher und inniger Begrüßung wieder zum Aus-
druck kommen, wie auch am heutigen Tage durch den besonders schönen
Schmuck der Stadt. Ich bitte Ew. Exzellenz, den Kasselanern in Meinem
Namen auszusprechen, wie gerührt Ihre Majestät die Kaiserin und Ich
durch die spontane, freudige Begrüßung der Bevölkerung und durch die
Ausschmückung der Straßen sind, und Unsern warmen und herzlichen Dank
zu sagen. Ich freue Mich, auf dem Boden zu sein, auf dem Ich gelernt
habe, von kundiger Hand geleitet, daß die Arbeit nicht nur um sich selber
willen da ist, sondern daß man in der Arbeit seine ganze Freude finden
soll, die ernsthaften, unablässigen Vorbereitungen, die Ich in Meinen Stu-
dien auf dem Gymnasium und unter der Leitung des Geheimrat Hinz-