Das Denische Reihh und seine einzelnen Glieder. (September 1./2. 1./4.) 129
1.2. September. Der Kaiser besucht Dresden aus Anlaß
der Kaisermanöver. Bei der Galatafel erwidert er auf die Be-
grüßung des Königs Georg: 1
Gestatten Ew. Majestät, Meinen aus tiefstem Herzen kommenden
Dank auszusprechen für die erhabenen Worte, die Ew. Majestät soeben
aussprachen. Tief ergriffen von der Wärme des Empfanges in Ew. Ma-
jestät Residenzstadt, die Ich Gott sei Dank schon oft betreten durfte, drängt
es Mich, vor allem Meine Freude auszudrücken über das herrliche Korps,
das heute so schönes leistete. Ew. Majestät erhabene Person und die we-
nigen alten, um Ew. Majestät versammelten Generale aus alter Zeit bilden
für uns jüngere Offiziere eine Generation, die uns gelehrt hat, was
Soldat sein heißt und wie man Soldat wird. Es wird Mein Bestreben
sein, in enger Fühlung mit den bewährten Führern aus großer Zeit, von
ihnen lernend und, an ihrem Lobe Mich erbauend, die Truppen so aus-
zubilden, wie es zum Besten des Vaterlandes und Meiner Armee dienen
kann. Ich spreche Ew. Majestät Meinen herzlichsten und innigsten Glück-
wunsch zum heutigen Tage aus und bin fest überzeugt, daß Ew. Majestät
gütiges landesväterliches Herz sich heute auch gefreut hat, nicht nur über
die Landeskinder im Waffenrock, sondern auch über die stolze Schar der
Landeskinder im schwarzen Rock, die mit Orden auf der Brust geschmückt,
Ew. Majestät strahlenden Auges und liebend und beglückt angesehen haben.
Wir aber vereinigen unsere Gefühle für die erhabene Person Ew. Majestät,
das königlich sächsische Haus, die königlich sächsische Armee und rufen:
„König Georg Hurra! Hurra! Hurral!“
1./ 4. September. (Dresden.) Deutscher Städtetag.
An dem Tag nehmen 400 Vertreter von 160 Städten von über
25000 Einwohner teil. Der Eröffnung wohnt der Deutsche Kronprinz bei;
im Namen Sachsens begrüßt Ministerpräsident Frhr. v. Metzsch die Städte.
Den Vorsitz führt Oberbürgermeister Kirschner-Berlin. Es referieren
Oberbürgermeister Adickes-Frankfurt a.M. und Beutler-Dresden über soziale
Aufgaben der Städte, Professor Wuttke-Dresden über die Lehren der
deutschen Städte-Ausstellung. Es wird beschlossen, eine Agitation einzu-
leiten gegen das Verbot, städtische Abgaben auf Lebensmittel zu legen
(§ 13 des Zolltarifgesetzes. Vgl. 1902 S. 166).
Anfang September. Streit in der sozialdemokratischen Partei.
Abg. Bebel wendet sich in der „Neuen Zeit“ gegen die Abgg.
v. Vollmar und Heine, die Bernsteins Standpunkt in der Vizepräsidenten-
frage teilen. Zwei Erklärungen, die er in dieser Angelegenheit im „Vor-
wärts"“ veröffentlichen will, werden von der Redaktion abgelehnt. Bebel
greift diese „Bevormundung“ in der „Leipziger Volkszeitung“ heftig an
und verspricht mit den „Revisionisten“ auf dem Parteitag abrechnen zu
wollen. Der Parteitag müsse auch über die Präsidentenfrage beschließen,
nicht die Fraktion, wie die Revisionisten wollten.
Anfang September. (Sachsen.) Vorschlag der Industriellen
zur Wahlrechtsreform.
Der Verband sächsischer Industrieller richtet an die Regierung eine
Denkschrift, in welcher er eine Neueinteilung der Landtagswahlkreise als
notwendigsten Bestandteil der Wahlrechtsreform bezeichnet, da die 37 städti-
schen Wahlkreise jetzt 2202 414 Einwohner gegenüber den 1999802 Ein-
wohnern der ländlichen Bezirke aufwiesen. Unzureichend sei vor allem die
Europäischer Geschichtskalender. XLIV. 9