Das Veutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Okt. 11.—15./Nov. 4.) 143
geländes und Aufhebung des § 13 des Zolltarifgesetzes. (Vergl.
S. 129.)
11. Oktober. (Elsaß-Lothringen.) Es wird eine liberale
Landespartei begründet, die u. a. völlige Gleichstellung Elsaß-
Lothringens mit den Bundesstaaten verlangt.
12. Oktober. (Bayerische Abgeordnetenkammer.) Die
Wahlrechtsvorlage wird nach kurzer Beratung an eine Kommission
verwiesen. Sie findet im allgemeinen Zustimmung, nur wird die
Altersgrenze für das passive Wahlrecht auf 25 Jahre und eine
andere Wahlkreiseinteilung verlangt.
15. Oktober bis 4. November. (Berlin.) Tagung der fünften
preußischen Generalsynode. — Erhöhung des Witwen= und Waisen-
fonds. Besetzung der theologischen Professuren. Proselytenfrage.
Feuerbestattung. Jesuitenfrage, Toleranzantrag.
Die Synode zählt 198 Mitglieder, von denen 52 der konfessionellen
Rechten, 89 der sogenannten Positiven Union und 55 den Mittelparteien
angehören. Die kirchliche Linke im engeren Sinn ist auf der General-
synode nur durch ein Mitglied aus Schlesien vertreten, das sich gastweise
der Mittelpartei angeschlossen hat. Mehr als die Hälfte der Synode be-
steht aus geistlichen Würdenträgern, darunter neben 10 Generalsuperinten-
denten und 9 Professoren der Theologie 69 Superintendenten. Die Minder-
heit setzt sich größtenteils aus hohen Staatsbeamten zusammen. Nicht im
Staatsdienst stehend sind 11 Mitglieder, darunter zwei Bürgermeister und
ein Kaufmann. — Präsident ist Graf Zieten-Schwerin.
Bei der Eröffnung wird folgender königlicher Erlaß, der die Bereit-
stellung von Staatsmitteln zur Aufhebung der gesetzlichen Pfarrbeiträge
an den Pfarr-Witwen= und Waisenfonds und zur Erhöhung der Dienst-
aufwandsentschädigung der Generalsuperintendenten verfügt, veröffentlicht:
Um den evangelischen Landeskirchen Meiner Monarchie einen neuen
Beweis Meiner Fürsorge zu geben, bestimme Ich hierdurch, daß in den
Entwurf des nächstjährigen Staatshaushalts behufs Aufhebung der gesetz-
lichen Pfarrbeiträge an den Pfarr-Witwen= und Waisenfonds eine an diesen
zu zahlende Staatsrente von jährlich 850000 Mark, sowie ferner die er-
forderlichen Mittel zur Erhöhung der Dienstaufwandsentschädigung der
Generalsuperintendenten auf den durchschnittlichen Jahresbetrag von 2000
Mark eingestellt werden.
Hubertusstock, den 12. Oktober 1903.
gez. Wilhelm R.
ggez. Graf v. Bülow. Studt. Frhr. v. Rheinbaben.
Einer der wichtigsten Beratungsgegenstände betrifft das Interesse
der Kirche an der Besetzung der theologischen Professuren. Darüber teilt
der Oberkirchenrat der Synode mit (15. Okt.), daß die über diese Frage
von dem evangelischen Oberkirchenrat im Jahre 1900 verfaßte Denkschrift
von dem Generalsynodal-Vorstand einer eingehenden Beratung unterzogen
worden ist. Das Ergebnis war, daß das Kollegium einstimmig dem Vor-
schlage zustimmte, mit dem Minister der geistlichen Angelegenheiten dar-
über ins Benehmen zu treten, ob es sich zur Gewinnung auch im prak-
tischen Kirchendienst erfahrener theologischer Lehrkräfte nicht empfehle, ge-