Das Denischhe Reith und seine einzelnen GSlieder. (Januar 15. —17.) 9
aufrecht erhielten unter der Voraussetzung und Bedingung, daß uns Ame-
rika die Konzessionen gewähre, die es Frankreich in dem ersten Abkommen
auf Grund des Dingley--Tarifs eingeräumt hatte. Das tat Amerika, und
wir glaubten, daß es nicht notwendig sei, dieses Abkommen dem Hause
vorzulegen, weil in der Tat nach diesem Abkommen der amerikanischen
Regierung von unserer Seite nichts eingeräumt war und wir gleichzeitig
zu Konzessionen gelangt waren, die Amerika anderen Staaten eingeräumt
hatte. Tatsächlich wurde ein Zustand hergestellt, den wir auf Grund unserer
Auffassung von der allgemeinen Meistbegünstigung glaubten eo ipso be-
anspruchen zu können. Darum haben wir das Abkommen nicht vorgelegt,
denn es wurde an dem bestehenden Verhältnis nichts geändert. Der Herr
Vorredner ist im Irrtum mit seinem Vorwurfe, wir hätten auch Vergün-
stigungen von Amerika verlangt, die es einer Anzahl amerikanischer Repu-
bliken und den englisch-amerikanischen Kolonien in Bezug auf die Zucker-
einfuhr eingeräumt hat. Das konnten wir nicht verlangen, denn diese
abkommen sind überhaupt nicht ratifiziert worden, also auch nicht in
eltung.
15. Januar. (Preußen.) Dem Landtag geht folgender
Gesetzentwurf über die Landestrauer zu:
Bei dem Ableben des Königs, der Königin und einer verwitweten
Königin von Preußen findet eine Landestrauer nach folgenden Bestimmungen
statt: § 1. Die Glocken der Kirchen werden mittags von 12 bis 1 Uhr
vierzehn Tage lang geläutet. — § 2. Oeffentliche Musik, sowie öffentliche
Lustbarkeiten und Schauspielvorstellungen sind vier Tage lang vom Sterbe-
tage (einschließlich) ab und am Tage der Beisetzung einzustellen. — § 3.
Wer den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe
von 15 bis 150 Mark bestraft. — § 4. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage
der Verkündigung in Kraft. Die Allerhöchste Kabinettsordre vom 28. No-
vember 1845, betr. das Trauerreglement vom 7. Oktober 1797, und die
bisher in Kraft gebliebenen Vorschriften des letzteren werden aufgehoben.
16. Januar. (Württemberg.) Finanzlage.
Der Etatsentwurf für 1903 und 1904 schließt bei einer Einnahme
von 175 Millionen mit einem Defizit von 8,8 Millionen Mark, das durch
eine Anleihe gedeckt werden soll. — Der Finanzminister erklärt in der
Kammer, daß die Beziehungen zum Reiche eine sehr unerwünschte Mehr-
belastung Württembergs zeigen. Gelinge es nicht, eine weitergehende Be-
lastung der Bundesstaaten mit ungedeckten Matrikularbeiträgen, als sie für
1902 erfolgte, hintan zuhalten, so würde dadurch die Lage des württem-
bergischen Staatshaushaltes aufs empfindlichste berührt und zur Aus-
gleichung der Mehrbelastung nachträglich zu einer weiteren Erhöhung des
Anlehenbedarfes geschritten werden müssen.
17. Januar. (Reichstag.) Interpellation über Malz= und
Futtergerste (vgl. 1902 S. 169). Künftige Handelsverträge.
Abg. Rösicke-Dessau (fr. Vg.) bringt folgende Interpellation ein:
Welche Maßnahme gedenkt der Reichskanzler zu treffen, um den im § 1
des neuen Zolltarifgesetzes enthaltenen Begriff der „Malzgerste“ festzu-
stellen? — Eine zolltechnische Unterscheidung zwischen den beiden Arten sei
unmöglich. Wenn man alle Gerste, die als Malzgerste verwandt werden
kann, als solche verzollen wolle, so werde überhaupt keine Gerste zu einem
niedrigeren Satze als 4 Mark eingeführt werden können. Die zur Unbrauch-
barmachung der Gerste als Malzgerste vorgeschlagenen Mittel der Zer-