196 Fie Nerreichisc-ungeristze Menarhie. (März 8.—21.)
Ungarn nur die schärfste Opposition aber nicht die Obstruktion
anzuwenden.
8. März. (Pest.) Bei einer Straßenkundgebung der Un-
abhängigkeitspartei gegen die Wehrvorlage kommt es zu heftigen
Zusammenstößen mit den Sozialisten.
10. März. Außerungen des Papstes über den Thronfolger.
Eine Abordnung des katholischen Schulvereins überreicht dem Papst
ein lebensgroßes Bild des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand, des
Vereinsprotektors. Der Papst dankt in einer Ansprache, die schließt:
„Danken Sie dem Erzherzog, meinem Liebling, aufrichtig und herzlich für
die unschätzbare Gabe, die er mir durch den katholischen Schulverein zu-
kommen ließ. Ich werde das Bild in meinem Arbeitszimmer aufbewahren.“
17. März. (Cisleithanien.) Abgeordnetenhaus. Beratung
der Ausgleichsvorlage.
Die Redner der Alldeutschen verwerfen den Ausgleich, weil er nur
Ungarn zu gute komme. Die Vertreter der übrigen deutschen Parteien
erkennen an, daß es durch die Geschicklichkeit und Beharrlichkeit der Regierung
bei den Verhandlungen mit Ungarn gelungen sei, verschiedene Härten des
früheren wirtschaftlichen Verhältnisses zu Ungarn mildern, und begrüßen
den beschlossenen Ausgleich als Beendigung des gegenwärtigen, jede Ent-
wicklung der Industrie hemmenden Zustandes der Ungewißheit. Der
Ausgleich müsse angenommen werden, weil der wirtschaftliche Bruch mit
Ungarn das größere von den beiden Uebeln wäre und betont die Not-
wendigkeit, die nächsten 10 Jahre zur Festigung und Selbständigmachung
des österreichischen Wirtschaftsorganismus, sowie zur Schaffung einer neuen
Form für die wirtschaftliche Gemeinschaft mit Ungarn zu verwenden.
20./21. März. (Pest.) Straßentumulte.
Anläßlich des Jahrstags des Todestages Ludwigs Kossuths suchen
Studenten durch Straßentumulte die öffentlichen Gebäude zum Hissen von
Trauerfahnen zu zwingen. Bei dem Eingreifen der Polizei werden mehrere
Personen verwundet. — Am folgenden Tage greift die Opposition im
Abgeordnetenhaus die Regierung wegen Eingreifens der Polizei scharf
an; ehe der Polizeichef nicht suspendiert sei, könne keine verfassungsmäßige
Sitzung mehr stattfinden. Ministerpräsident v. Szell verspricht eine
Untersuchung über das Vorgehen der Polizei, weist aber den Versuch der
Opposition, den Reichstag in einen Konvent umzuwandeln, schroff ab.
21. März. Die Wiener Arbeiterzeitung veröffentlicht folgenden
Duellerlaß des Kriegsministers:
Auszug aus dem Reichs-Kriegsministerialerlaß, Präs.-Nr. 989, vom
6. März 1903. Streng reservat! Dem Reichs-Kriegsministerium sind die
Statuten und der Gründungsbericht eines Vereines, der sich im Vorjahre
unter dem Namen Allgemeine Antiduellliga konstituiert hat, zugekommen.
Aus diesem ergibt sich, daß der Verein den Zweck verfolgt, Ehren-
angelegenheiten, die seine Mitglieder betreffen, im Wege eigener Ehrenräte,
die in den Orten, wo der Verein seine Tätigkeit entfaltet, von Fall zu
Fall aufgestellt werden, zur Austragung zu bringen. Bei solchen Aus-
tragungen ist das Duell prinzipiell ausgeschlossen, und Vereinsmitglieder,
die Forderungen zum Zweikampfe erlassen, annehmen oder als Sekundanten
fungieren, damit aus dem Vereine ausgeschlossen. In dem Streben dem