Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

202 Bie serreichisch, ungarische Monarchie. (Juni 16.—26.) 
beantragt, das ungarische Renuntium dahin zu beantworten, daß die öster- 
reichische Quotendeputation an dem vorjährigen Beschlusse, betreffend Fest- 
stellung der Quote mit 34,4 zu 56,6 mit einer Geltungsdauer bis 1909, 
festhalte. Die Abstimmung ergibt Stimmengleichheit, worauf der Vor- 
sitzende der Deputation für den Antrag Chlumecky entscheidet. 
16. Juni. (Ungarn.) Ministerpräsident v. Szell gibt seine 
Demission, da es ihm nicht gelingt, die Obstruktion zu beseitigen, 
und da in der liberalen Partei der von Apponyi geführte Flügel 
sich der Oppofition in der Armeefrage zuneigt. 
24. Juni. (Cisleithanien.) Neuorganisation der deutschen 
Parteien 
Die deutsche Fortschrittspartei, die deutsche Volkspartei, der ver- 
fassungstreue Großgrundbesitz und die Christlichsozialen einigen sich zu 
folgender Resolution: Die Vollversammlung der Mitglieder der deutschen 
Parteien erklärt es für geboten, in allen jenen Fragen, welche die natio- 
nalen Interessen des deutschen Vokkes und seine Stellung im Reiche be- 
rühren, ein einheitliches Vorgehen anzustreben, und beschließt zu diesem 
Zwecke, unter voller Aufrechterhaltung und Unabhängigkeit der Parteien 
einen aus der Vollversammlung zu wählenden und aus 14 Mitgliedern 
bestehenden Vollzugsausschuß einzusetzen, sowie aus der Mitte dieses Voll- 
zugsausschusses einen engeren Ausschuß von vier Mitgliedern zu entsenden. 
Der letztere wird ermächtigt, die erwähnten Fragen rechtzeitig wahrzu- 
nehmen und vorzuberaten, auf Grund dieser Vorberatung im Einvernehmen 
mit dem weiteren Ausschusse eine übereinstimmende Beschlußfassung der 
vertretenen Verbände anzubahnen und diese übereinstimmend gefaßten Be- 
schlüsse auszuführen. Weiteren deutschen Abgeordneten wird der Beitritt 
zu diesem Verbande offen gehalten. Von der Versammlung wird sodann 
der 14gliederige Vollzugsausschuß und der Viererausschuß gewählt. Der 
Viererausschuß besteht aus den Abgg. Baernreither, Derschatta, Groß und 
Lueger. Diese vier Mitglieder, welche Vertreter der vier kartellierten Par- 
teien sind, werden in den Sitzungen des Vollzugsausschusses, der sich heute 
konstituiert, abwechselnd den Vorsitz führen. Die Alldeutschen halten sich 
wegen der Beteiligung der Christlichsozialen von der Parteivereinigung, in 
der sie nur eine Erneuerung der alten Obmänner-Konferenzen erblicken, 
zunächst fern. Sie erklären aber, daß sie bei der Behandlung bestimmter 
nationaler Fragen ihre Mitwirkung nicht versagen und, wenn sie von den 
bezüglichen Aktionen des Vollzugsausschusses verständigt werden sollten, 
von Fall zu Fall auch einen Vertreter zu den gemeinsamen Beratungen 
der deutschen Parteien entsenden würden. 
W6. Juni. (Ungarn.) Neubildung des Ministeriums. 
Nachdem ein Versuch des Grafen Stefan Tisza, ein Kabinett zu 
bilden, gescheitert ist, übernimmt der Banus von Kroatien, Graf Khuen- 
Hedervary, die Kabinettsbildung. Am 27. bildet er folgendes Ministe- 
rium: Khuen Präsidium und Inneres, General Kolosvary Honved- 
minister, Abg. Professor Tomasics Minister für Kroatien. Die übrigen 
Minister bleiben dieselben wie bisher. — Graf Khuen hat der Opposition 
versprochen, die Militärvorlagen zurückzuziehen und diese Fragen im Herbst 
bei der Revision des Wehrgesetzes zu regeln. Dann sollen für die Er- 
höhung des Rekrutenkontingents nationale Zugeständnisse in der Armee 
bewilligt werden. Die Kossuthpartei verspricht Einstellung der Opposition. 
 
	        
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