Vie Serreichisch-ungarische Monarthie. (September 18./19.) 213
geeignet wären, möge wissen: daß Ich nie der Rechte und Befugnisse Mich
begebe, welche dem obersten Kriegsherrn verbürgt sind. Gemeinsam und
einheitlich wie es ist, soll Mein Heer bleiben: Eine starke Macht zur Ver-
teidigung der österreich-ungarischen Monarchie gegen jeden Feind! Getreu
ihrem Eide ist Meine Gesamtwehrmacht fortschreitend auf dem Wege der
ernsten Pflichterfüllung und durchdrungen von jenem Geiste der Einigung
und der Harmonie, welcher jede nationale Eigenart achtet, alle Gegensätze
löst und die besonderen Vorzüge jeden Volksstammes zum Wohle des großen
Ganzen verwertet.
September. Aufnahme des Armeebefehls.
Der Wiener katholische Zentrumsklub begrüßt den Befehl mit
großer Freude, da er die Einheit der Armee garantiere. In Ungarn
sehen die Vertreter der Opposition darin eine Kriegserklärung gegen die
Wünsche der Nation und die Verfassung, die liberale Partei beschließt in
einer Parteikonferenz Stellung zu nehmen. — Am 19. September wird
offiziös über die Bedeutung des Befehls berichtet: An sehr maßgebender
Stelle berührte es sehr schmerzlich, daß ein Teil des Armeebefehles vom
16. September in der öffentlichen Meinung Ungarns eine solche Auslegung
findet, die den Intentionen an Allerhöchster Stelle nicht im entferntesten
entspricht. Der Allerhöchste Kriegsherr beruhigte in dem Armeebefehl das
Heer darüber, daß er eine gerreihung der im Sinne des Gesetzartikels 12
des Jahres 1867 gemeinsamen Armee nicht gestatte und es ebensowohl im
Interesse der Monarchie als auch im eigensten Lebensinteresse Ungarns
nicht gestatten werde. Dieser Armeebefehl, der kein staatsrechtlicher Akt
ist, präjudiziert jedoch nicht jene im Interesse der Parität wünschenswerten
Abänderungen, die die liberale Partei als notwendig erachtet und welche
der Ministerpräsident Graf v. Khuen in sein Programm aufgenommen
hat. Die Lösung dieser Fragen bildet in maßgebenden Kreisen den Gegen-
stand von Erwägungen.
18.19. September. Besuch des Deutschen Kaisers in Wien.
Bei einer Galatafel am 18. werden folgende Trinksprüche gewechselt.
Kaiser Franz Josef: Herzlich willkommen heiße ich Ew. Majestät und
gebe meiner Freude Ausdruck, den treuen Freund und Bundesgenossen heute
in unserer Mitte zu empfangen. Ew. Majestät sind durch Ihre Hierher-
kunft dem von Mir gehegten Wunsche des Wiedersehens mit einer Bereit-
willigkeit entgegengekommen, die in Mir das Gefühl warmer Erkenntlich-
keit wachruft und die das schon so feste Gefüge unserer gegenseitigen Be-
ziehungen gewiß mit neu erhöhter Kraft ausstatten wird. Von dieser
Zuversicht durchdrungen, bitte IJch Ew. Majestät, mir zu gestatten, daß
Ich das Glas auf Ihr Wohl, sowie auf unsere unerschütterliche Freund-
schaft erhebe und dabei ausrufe: Seine Majestät der Kaiser Wilhelm
lebe hoch!
Kaiser Wilhelm: Von tiefer Dankbarkeit erfüllt bitte ich Ew.
Majestät, in Gnaden den Ausdruck meines innigen Dankes entgegen-
nehmen zu wollen für die freundlichen Worte, mit welchen Ew. Majestät
Mich soeben bewillkommnet haben, sowie für den herzlichen und glänzenden
Empfang, den Mir die stets gastfreie und ewig schöne Kaiserstadt an der
Donau, Ew. Majestät Residenz, bereitet hat. Nichts konnte Mir will-
kommener sein, als dem Wunsch Ew. Majestät entsprechend hierherzueilen.
um Meinen in Ehrfurcht geliebten, erhabenen Freund und Bundesgenossen
zu begrüßen. Der Anblick Ew. Majestät stolzer Regimenter war Mir eine
Herzensfreude, denn den Bund unserer Länder tragen und festigen unsere