Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Greßbritannien. (April—Mai 15.) 249 
an Frankreich. Ich freue mich, daß unsere Lage jetzt eine ganz andere 
ist. (Beifall.) Die Beziehungen zwischen den beiden Mächten sind die 
herzlichsten, und wir alle hoffen, daß das Gefühl gegenseitiger Achtung, 
das die Regierungen und die Bevölkerungen der beiden Völker beseelt, und 
das in den Vorbereitungen für einen herzlichen Empfang unseres Königs 
in Frankreich so schlagend zutage tritt, von Jahr zu Jahr noch stärker 
wird. Es ist nicht die Eifersucht irgend einer Macht, die uns dazu zwingt, 
immer mehr für unsere Flotte auszugeben. Unsere Flotte muß wachsen, 
so lange die anderen Flotten wachsen. Ich freue mich, zu bemerken, daß 
Anzeichen nicht fehlen, daß einige unserer Nachbarn wünschen, ihren Aus- 
gaben für die Flotte ein Halt! zuzurufen. Wir begrüßen diese Anzeichen 
auf ihrer Seite mit Freude und können sie versichern: daß, wenn sie eine 
solche Politik annehmen und an ihr festhalten werden, wir bereitwillig und 
loyal ihrem Vorgehen folgen werden. (Beifall.) 
April. Anläßlich des Besuches des Königs in Paris fassen 
viele Handelskammern Resolutionen, daß ein Schiedsgerichtsvertrag 
zwischen England und Frankreich abgeschlossen werden möge, um 
den Frieden und die Freundschaft zwischen beiden Staaten zu be- 
festigen. 
6. Mai. (London.) Rückkehr des Königs. 
6. Mai. (Unterhaus.) Anleihe für Transvaal. 
Kolonialminister Chamberlain beantragt, die Zinsen und das 
Kapital der Transvaalanleihe, die im Betrage von 35 Millionen Pfund 
ausgegeben werden solle, durch das Reichsschatzamt zu garantieren. Der 
Zweck der Anleihe ist Ausdehnung des Bahnsystems und die Schaffung 
von Berieselungsanlagen. — Zu den Kriegskosten solle Transvaal in drei 
jährlichen Raten 30 Millionen Pfund beisteuern. Die Orangekolonie solle 
später, wenn ihre Minen entwickelt seien, 5 Millionen Pfund beisteuern. — 
Der Antrag wird angenommen; einige Abgeordnete fordern stärkere Heran- 
ziehung Transvaals zu den Kriegskosten. 
15. Mai. (Birmingham.) Rede Chamberlains über das 
Verhältnis zwischen Mutterland und Kolonien und über den Zoll- 
streit zwischen Deutschland und Kanada. 
In einer öffentlichen Versammlung sagt der Kolonialminister 
Chamberlain über den Zusammenschluß zwischen Kolonien und Mutter- 
land: „Heute Abend will ich nur unsere Leziehungen zu unseren eigenen 
Landsleuten betrachten, zu der weißen Bevölkerung, welche die Mehrheit 
in den autonomen Kolonien ausmacht. Wie stehen wir zu dieser? Her 
in dem vereinigten Königreich sind wir einige 40 Millionen Seelen, außer- 
halb, in den Kolonien, sind es 10 Millionen Briten. Wie lang glauben 
Sie nun, daß das Verhältnis zwischen der Bevölkerung des Mutterlandes 
und der Bevölkerung der Kolonien das von 4: 1 bleiben wird? Wie 
lange werden wir im vereinigten Königreiche viermal mehr sein als unsere 
Stammesgenossen in den Kolonien? ... Münschen Sie nun, daß, wenn 
diese 10 Millionen 40 Millionen geworden sind, sie noch so innig und fest 
mit uns vereint sind, oder fassen Sie die Möglichkeit ins Auge, daß sie 
getrennt von uns unter eigener Flagge ihre eigenen Wege gehen? Der 
Einfluß des Reiches beschäftigt mich am meisten. Dieser Einfluß soll stets 
für den Frieden und die Zivilisation der Welt in die Wagschale geworfen 
  
 
	        
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