250 Großbritannien. (Mai 15.)
werden. Aber daneben beanspruchen die Fragen von Handel und Gewerbe
die allergrößte Aufmerksamkeit. Bevor nicht diese Fragen in der richtigen
Weise geordnet sind, glaube ich nicht an ein zukünftiges Zusammenhalten
des Reiches. Ich höre die „Klein-Engländer“" einwenden, daß unser Handel
mit diesen Kolonien viel geringer ist als unser Handel mit dem übrigen
Ausland, und daraus glaubt die Opposition schließen zu dürfen, daß wir
alles, was in unserer Macht steht, tun sollen, um unsere Handelsbe-
ziehungen zu dem nichtbritischen Auslande zu festigen, selbst wenn wir
darüber den Handel in unseren eigenen Kolonien vernachlässigen. Nein,
meine Herren, das ist meine Ansicht nicht. Ich denke vielmehr gerade
entgegengesetzt. Es ist die Aufgabe eines britischen Staatsmannes, selbst
unter Opfern alles zu tun, was in seiner Macht steht, um den Handel
der Kolonien mit Großbritannien stark und kräftig zu erhalten, ihn weiter
zu entwickeln, selbst wenn wir darum auf dem Weltmarkt weniger kon-
kurrenzfähig werden sollten. Tun wir nun gegenwärtig alles, um die
Strömung, die ich nicht nur in unserer Heimat, sondern auch in allen
Kolonien konstatieren konnte, in den richtigen Kanal zu lenken? Tun wir
alles, um die Reichsunion herbeizuführen oder treiben wir einer Trennung
zu? Das ist die kritische Frage. Meiner Ansicht nach liegen die Keime
einer föderativen Union, welche das britische Reich mächtig und einfluß-
reich machen sollen, im Boden. Aber es ist eine feine und empfindliche
Pflanze, der wir unsere Fürsorge angedeihen lassen müssen. Wir haben
es in unserer Macht, die große Idee, den großen Gedanken Früchte tragen
zu lassen, oder ihn ein für alle Mal auszuschalten. Was bedeutet uns
nun das Reich? Wir hatten einen Krieg durchzufechten, an welchem die
meisten unserer Stammesgenossen in den Kolonien kein direktes Interesse
hatten. Dennoch haben sie viel getan. Trotzdem habe ich in Südafrika
nicht gezögert, unseren Landsleuten zu sagen, daß sie zwar viel, aber nicht
genug getan haben, daß sie im wesentlichen die ganze Last auf den
Schultern des Mutterlandes belassen haben und daß sie in Zukunft, wenn
sie Wert auf ein großes britisches Reich legten, bereit sein müßten, einen
größeren Anteil zu tragen. In der Handlungsweise unserer Kolonien
während und nach dem Kriege kommt zum erstenmal der Gedanke einer
gemeinsamen Reichsverantwortlichkeit zum Ausdruck. Dieser Gedanke ist
neu, und ich habe nichts dazu getan, ihn zu erwecken. Und dieser Gedanke
trat den Kolonialen zum erstenmal entgegen in Gestalt einer finanziellen
Last, die sie auf sich nehmen sollten, und Sie wissen ja selbst, wie die
Leute über solche finanzielle Lasten zu denken pflegen. Inzwischen tun sie
aber in einer anderen Richtung viel und suchen die Gemeinschaft in ihrer
eigenen Weise und mit ihren eigenen Mitteln zu fördern. Das wichtigste
dieser Mittel ist, daß sie uns Vorzugstarife anbieten. Das ist eine Sache,
die gerade im gegenwärtigen Moment von größter Bedeutung für uns
sein muß. Es hängt nun davon ab, wie wir uns zu dieser Politik der
Kolonien stellen — denn die Anregung kommt nicht von uns, sondern
von unseren Kindern — ob diese Politik in der Zukunft ausgebaut, oder
ob auf sie als eine unannehmbare Sache verzichtet werden soll von denen,
welchen man damit eine Wohltat zu erweisen gedachte. Kurz nachdem
ich Südafrika verlassen hatte, fand dort eine Konferenz statt, deren Ergebnis
es war, daß den Einzellegislaturen empfohlen wurde, uns auf alle zoll-
pflichtigen Waren eine Ermäßigung von 25 Prozent zu gewähren. Auf
der Kolonialkonferenz im vorigen Jahre erklärten sich der Premier von
Australien und der von Neu-Seeland im Prinzip für die Gewährung
der gleichen Begünstigung. Das ist nun wieder ein neues Kapitel in
unserer Reichsgeschichte. Die Aufnahme, welche die Empfehlungen der