Großbritannien. (September 29.—Oktober 5.) 271
verhindern wünschte. — Auch Hamilton erklärt sich als Gegner der Cham-
berlainschen Pläne.
Die unionistische Presse glaubt im allgemeinen, daß Balfour die
Politik Chamberlains zur Ferrsheft bringen wolle und daß Chamberlains
Rücktritt nur eine Episode sei.
Am 21. September treten Lord Balfour of Burleigh, Minister für
Schottland, und Elliot, Finanzrat des Schatzamts, zurück.
29. September. (London.) Lord Milner, der Oberkommissar
für Südafrika, lehnt in einer Konferenz mit Balfour das ihm an-
gebotene Kolonialministerium ab.
1. Oktober. (Sheffield.) In der Versammlung des Landes-
verbandes der Konservativen führt Premierminister Balfour über
die Handelspolitik aus:
Die von Chamberlain im Mai gehaltene Rede würde die von ihr
ausgeübte Wirkung nicht gehabt haben, wenn sie nicht auf einen durch die
Verhältnisse dafür vorbereiteten Boden gefallen wäre. Die Bedrohung
Kanadas durch Deutschland, die nur deshalb erfolgte, weil diese Kolonie
England eine Vorzugsbehandlung zugestanden hatte, brachte England seine
Hilflosigkeit zum Bewußtsein. Den Tarifangriffen könne allein durch Tarif-
antworten begegnet werden. Der Freihandel sei ein leerer Name und eine
eitle Farce. Cobden habe sich niemals etwas von dem modernen Trust-
system träumen lassen, das unter dem Schutzzollsystem aufgerichtet worden
sei und welches dem englischen Kapital und den englischen Arbeitern Scha-
den zugefügt habe. Für den gegenwärtigen Stand der Dinge wisse er
kein Heilmittel, wohl aber wisse er ein Palliativmittel. Keine Nation, die
sich des Rechtes zu verhandeln beraube, könne gute Geschäfte machen. Er
verlange von dem Lande, daß es der Regierung die Freiheit zu unter-
handeln gebe. Er glaube nicht, daß das Land schon zur Einführung der
Nahrungsmittelbesteuerung bereit sei. Ein dahin gehender Vorschlag würde
daher, seines Erachtens, nicht innerhalb der Grenze der praktischen Politik
gelegen sein. Damit aber niemand später sagen könne, daß er unklar ge-
redet habe, so konstatiere er ausdrücklich, daß er den handelspolitischen
Zustand, der während der beiden letzten Generationen herrschte, zu ändern
wünsche. Er wünsche vor allem den Schaden zu mildern, der England
durch die feindlichen Tarife angetan werde. Sein Heilmittel werde, wie
er wohl wisse, selbst dann kein vollständiges sein, wenn es im ganzen Um-
fange versucht würde; im ganzen Umfange aber könne es noch nicht ver-
sucht werden, weil das Land eine Nahrungsmittelbesteuerung zur Zeit
nicht dulden werde. Er sei aufgefordert worden, die Führung zu über-
nehmen und als Leiter der konservativen Partei beabsichtige er auch in der
Frage der Tarifreform das Land zu führen.
5. Oktober. Das Kabinett wird neu gebildet.
Der Sohn des bisherigen Kolonialministers, Austen Chamberlain,
wird Schatzkanzler, Alfred Lyttleton Kolonialsekretär, Arnold Forster Kriegs-
sekretär, Brodrick Sekretär für Indien, Graham Murray Sekretär für
Schottland, Lord Stanley Postminister. — Ferner legt der Herzog von
Devonshire sein Amt als Vorsitzender des Geheimen Rats und Führer des
Oberhauses nieder, sein Nachfolger wird Lord Londonderry. Am 11. Oktober
wird Marquis Salisbury, bisher Lord Cecil, zum Lord und Geheim-
Siegelbewahrer ernannt. Das Amt hatte bisher Balfour inne. Das