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Zweck, die Unterordnung der Staats- unter die Kirchengewalt zu verhindern.
Es handelt sich um die Unabhängigkeit der weltlichen Gewalt bei Hand-
lungen, welche ihr, laut Konkordat, zustehen. Die Ernennung der Bischöfe
von Bayonne und Saint--Jean de Maurienne sind durch freien Entschluß
der Regierung ohne vorherige Bestätigung, geschehen, gemäß §8§ 4 und 5
des Konkordats. Der Zwist ist eine Erbschaft des vorigen Ministeriums.
Die konservativen Blatter verkündigen, die Sache sei verhängnisvoll, ich
würde nach Kanossa gehen müssen. Ich weiß, daß die Minister nicht dauern,
aber auch, daß dieser Zwist ein Ergebnis haben wird. Ich mag morgen
abgehen, aber mein Nachfolger wird den ultramontanen Forderungen nicht
nachgeben können, ohne zugleich auf die Verteidigung des Konkordats
verzichten zu müssen und die letzte Schranke zu durchbrechen, welche die
Trennung der Kirchen vom Staat noch abhält. Die Haltung der katholischen
Geistlichkeit ist derart, daß ihre Beziehungen zum Staate nicht mehr dem
vom Koukordat erstrebten Zustand entspricht. Die Haltung der Geistlichkeit
muß anders werden. Die Erhaltung des Konkordates fordert diesen Preis.
Nur Blinde sehen dies nicht."“
24. März. (Kammer.) Verwerfung der Autorisationsgesuche
von 28 Kongregationen. Pfarrer und Orden.
Die Regierung beantragt 28 Kongregationen — Kapuzinern, Franzis-
kanern, Dominikanern u. a. — die Genehmigung zu versagen. Ministerprä-
sident Combes begründet den Antrag im Interesse der Pfarrgeistlichkeit.
„Sobald eine Kongregation in einer Gemeinde erscheint, sind der Pfarrer,
der Vikar gar nichts mehr; die Gläubigen scheinen diese nicht mehr zu
kennen. Das hat das Konkordat nicht gewollt, es untersagt ausdrücklich
die inneren Missionen, wie Waldeck-Rousseau vor einigen Jahren mittels
eines Rundschreibens in Erinnerung gebracht hat. Der Pfarrgeistliche ist
durch seine Stellung gezwungen, sich so zu benehmen und so zu sprechen,
daß die Gemeinde nicht daran Anstoß nimmt; der Missionar ist über solche
Bedenken erhaben. Es läßt sich nicht bestreiten, daß der Feldzug gegen
die Errungenschaften der Republik von den predigenden Mönchen geführt
worden ist, daß sie alle republikanischen Fortschritte anfeinden, daß Sie,
meine Herren von der Majorität, im Augenblick der Wahlen überall auf
die Hindernisse gestoßen sind, die gegen Sie von den Mönchen aufgetürmt
wurden. (Beifall links, Widerspruch rechts.) Die Mönche sind es, die
überall Abscheu gegen unsere gesetzgeberische Tätigkeit verbreiten und vor
allem unser Unterrichtswesen der Verachtung preisgeben. Der Haß gegen
unsere republikanischen Gesetze ist die mächtigste Triebfeder unserer Prediger.
Man vergesse nicht, daß von ihnen Anforderungen zum Staatsstreiche, zur
Empörung ausgegangen sind! Das Konkordat hat den katholischen Kultus
auf eine so breite Grundlage gestellt, daß die Pfarrgeistlichkeit allen Be-
dürfnissen zu genügen im stande ist. Der Predigt ist darin ein weiter
Platz angewiesen, und die predigenden Kongregationen, die sich hinzudrängen,
tun es zum Nachteil der regulären Geistlichkeit. Man darf also nicht
sagen, daß religiöse Interessen durch ihre Beseitigung verletzt würden.
Wer dies tut, vergeht sich gegen die Wahrheit. Uns eines wilden Ver-
folgungsgeistes zu bezichtigen, ist ungerecht; wir wollen nicht mehr, als
was die Minister des Kaiserreichs wollten, die sich ebenfalls weigerten, die
Kongregationen anzuerkennen.“ — Der Antrag wird mit 304 gegen
246 Stimmen angenommen.
30. März. Die Kammer genehmigt das bereits vom Senat
angenommene Budget. Es beträgt 3528 Millionen Francs.